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Surfende Pentapeptide

... es brennt weiterhin, tut uns leid, wir hätten so viel zu erzählen und nachzufragen, aber im Moment sind wir am Anschlag. Bleibt uns einfach treu.

Nur schnell. So wie der taz-Blog von Detlef Guertler unsere Amino-Peptid-Geschichte aufnimmt und vor allem auf uns verweist, so finden wir das schon schöner. Danke, Kollege.

Yahoo hat auf unsere Anfrage, wieso wir nicht als Quelle genannt wurden, auf die Agentur Globalpress verwiesen, über die sie den Text bezogen haben. (Sie bezögen alle Meldungen von Agenturen, sagt die Pressefrau.)

Die zuständige Redakteurin bei Globalpress meinte, es täte ihr leid, da hätten wir Recht mit unserer Verstimmtheit und beim nächsten Mal ...

Schon gut, wir kennen das Geschäft.

Das soll´s dann aber auch gewesen sein zu dem Thema.

Ein anderer Nebenschauplatz ist die Beauty-Redakteurin der Amino-Peptid-Reklame Martina Kraus. Es gibt sie wirklich, sagten wir schon. Im Netzt führt sie ein Leben vor allem als Segelsurferin, wie der taz-Kollege herausfand. Ihre Hauptseite scheint dies hier zu sein.

Es kitzelt uns ja ein wenig unter den Fingern, ihr ein paar Fragen zu stellen. Aber das bringt uns ja immer weiter vom Haupthema weg: Die Amino-Peptide.

Wir haben Pressematerial bekommen, und dem widmen wir uns, aber nicht allzu sehr, weil: Wir müssen Geld verdienen.

Nur so viel: Die Amino-Peptid-Kette besteht aus fünf Aminosäuren, d.h es ist ein Pentapeptid. Das klingt natürlich etwas sperriger als Amino-Peptide.

P&G erklärt das in der PM mit den A-Ps wie folgt:
"Am National Institute of Health wurde (...) vor kurzem ein Peptid entdeckt, das die natürliche
Hautregeneration bei der Wundheilung stimuliert. Dieses Peptid besteht aus fünf Aminosäuren und
besitzt die biologische Abkürzung KTTKS (Der Buchstabencode steht für die fünf Aminosäuren
Lysin-Threonin-Threonin-Lysin-Serin).

KTTKS wird als einer der zellulären Schlüssel der menschlichen Hautregeneration bezeichnet. Die Wissenschaftler von Oil of Olaz setzten diese Erkenntnis in einem Hautpflegeprodukt um, das die Hautstruktur von innen heraus erneuert, um somit eine neue Dimension bei der Anti-Ageing-Pflege zu erreichen.
"
Gibt´s ne Menge Fragen zu: Warum steht das K in KTTKS für Lysin? Vielleicht, weil die englische Bezeichnung sich von der deutschen unterscheidet?

Wichtiger ist die Frage: Wie hängen Wundheilung und Faltenbildung zusammen?

Wie entstehen eigentlich Falten?

Wer Sachdienliches weiß, bitte posten.

Sagten wir am Anfang: "Nur kurz."?

Geld verdienen, Geld verdienen, Geld verdienen, die Kinder schreien ...

Zusatz:
Dass das "National Institute of Health" einmal für Anti-Aging-Werbung herhalten muss, hätten die sich wohl auch nicht träumen lassen.

Ranschaffen! Ist ja gut.

Zusatz 2:
Das Netz hat schon seinen ganz eigenen Humor ...

Die NIH-Webseite kennt offenbar kein KTTKS. Wir gaben das Akronym in die Suchmaske ein und erhielten als Antwort die Gegenfrage: Did you mean ATTACKS?

(Als wir es wiederholten, gab es nur den lapidaren Hinweis: Your search - KTTKS - did not match any documents. No pages were found containing "KTTKS".)

Das scheint aufwändiger zu werden.

Zusatz 3:
Schon haben wir eine erste Antwort. Was hat das mit der KTTKS-Abkürzung auf sich? Die Buchstaben sind nicht die Initialen der Aminosäuren, sondern folgen einem speziellen Code, bei dem jeder Aminosäure ein Buchstabe zugeordnet ist.

Siehe auch hier bei Wikipedia unter protenoigene Aminosäuren.

Dank an Peter B.
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Yahoo!! Die Amino-Peptid-Redakteuse is´echt

... ach und zum Thema Amino-Peptide schnell noch dies:

Die Beauty-Redakteuse aus dem Oil-of-Olaz-Spot, mit Namen Martina Kraus, soll es tatsächlich geben.

Nina Hynek von Manning Selvage & Lee, International Public Relations GmbH, der Company, die die Pressearbeit für Procter&Gamble macht, erklärte uns auf Anfrage:
"Frau Kraus ist Freie Journalistin und hat früher u.a. die Beauty-Leitung der Jolie gehabt."
Und noch was: Kann es sein, dass die deutschsprachigen Yahoo-Nachrichten unsere Recherche-Ergebnisse benutzte, um eine scheinkritische Meldung zum Thema Amino-Peptide zu veröffentlichen, ohne uns als Quelle zu nennen?

Wir haben Robert Chalmers zu den Amino-Peptiden befragt und sonst niemand: Der Artikel findet sich hier.

Ehrt uns ja, aber Leute, das ist nicht die feine Art ...

Martin, kannst Du da mal nachhaken?
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Studienlektüre für´s WE

Was bisher geschah ...

Wer noch etwas Lektüre für das Wochenende sucht: Hier gibt es seit einigen Tagen die vollständige Untersuchung der neosinos.

Bisher hatte es nur eine einseitige Übersicht gegeben. Jetzt bekommt es der Leser etwas umfangreicher: 35 Seiten.

Aber eine Presseerklärung gibt es immer noch keine.

Wir haben übrigens bereits zweimal beim Institut für Sporternährung per E-Mail nachgefragt, ob es sich um eine Auftragsstudie handelt: Bisher gab es nicht ein Jota einer Antwort.
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Der Zweifel der Medline

Wir hatten ja kürzlich wissen wollen, was Amino-Peptide sind. Die tauchen ganz unvermittelt und sehr prominent in der neuen Kampagne von Procter&Gambles Oil of Olaz regnerist auf. (In welcher Redaktion Martina Kraus wohl Beauty-Redakteurin ist?)

Wir stutzten einfach, weil es ein eigenartiger Name ist, den wir noch nicht gehört hatten (nicht der von der Redakteurin ...).

Im Lexikon der Biologie, Spektrum Verlag, (14 Bände) gibt es dazu keinen Eintrag. Auch nicht im Basislexikon Chemie von Römpp (4 Bände).

Nicht in der deutschen Wikipedia, nicht in der englischen Wikipedia, egal wie wir es schreiben.
Auch in der Encyclopaedie Britannica gibt´s nichts. Außer eben Einzelbeiträge zu Amino acids (Aminosäuren), peptides (Peptiden) usw.

Und das ist eigentlich der Punkt: Es gibt Aminosäuren und es gibt Peptide. Die verhalten sich wie Kettenglied zur Kette (und wenn man die Kette - das Peptid - verlängert und schön in sich verknäult wäre das vergleichbar mit einem Protein, zu deutsch Eiweiß).

Unsere Leserin lancie hatte schon angemerkt, dass der Begriff Amino-Peptid vergleichbar wäre mit dem Begriff Gen-DNS (den es nicht gibt). Noch treffender wäre Basen-DNS oder Gen-Chromosom, am schönsten fänden wir Basen-Gen.

In drei Wochen Proteomics-Kurs ist ihr jedenfalls kein Amino-Peptid über den Weg gelaufen (auf DNAge von Nivea kommen wir auch noch irgendwann).

Leser cast hat es sich schließlich ergooglet, wie wir dann auch irgendwann, aber weil uns da zu viel Kosmetik-Hersteller-Links waren, haben wir es auch nochmal in der medizinischen Datenbank Medline versucht.

Die Gegenfrage der Suchmaschine bei 63 entdeckten Artikeln zum Begriff aminopeptide (wird im Englischen zusammengeschrieben), ob wir nicht vielleicht doch eher aminopeptidase meinen, weil es dafür 12108 Artikel gibt, spricht auch schon dafür, dass hier irgendetwas faul ist, oder?

However, es gibt wissenschaftliche Artikel dazu, also sollte es den Begriff auch geben. Aber was heißt es und wozu ist es gut?

Wir griffen uns einen der Artikel heraus und schrieben den Autor Robert Chalmers vom Dermatologiezentrum der Universität Manchester an.

Und siehe da: Leser cast ist tatsächlich ein Ass. Chamers schreibt im Prinzip dasselbe wie cast.

Ein Amino-Peptid ist ein Peptid-(Fragment), also ein Kettenfragment, das an einem bestimmten der beiden Enden eines größeren Peptids (der Kette) oder Proteins (also der zerknäuelten Kette) abgeschnitten wurde. Ein Fragment an der anderen Seite wird Carboxy-Peptid genannt. Eine Peptidkette hat ein Amino-Ende und ein Carboxy-Ende.

Was Chalmers aber auch schreibt:
"Ich glaube, dass der Begriff Amino-Peptid wie er von der Kosmetik-Industrie genutzt wird, ein bisschen was von Pseudowissenschaft hat, er ist bedeutungslos, aber soll Unwissende beeindrucken."
Denn:
"Jedes Mal wenn man eine Peptid-Kette, etwa ein Protein, zerhackt erhält man Amino-Peptide und Carboxy-Peptide. Das ist genau das, was Enzyme (chemische Scheren) in unserem Magen machen, wenn wir Fleisch essen." (und Enzyme das Eiweiß zerschneiden, auflösen, verdauen).
Oder anders: Der Begriff Amino-Peptid ist verdammt unspezifisch. Er sagt nicht so viel aus. Aber er klingt gut. Hätten wir vielleicht auch verwendet.

Also, warum greift Procter&Gamble zu diesem Begriff? Wir fragen einfach mal nach, wie das so unsere Art ist. Vielleicht steckt ja doch mehr dahinter?

Demnächst mehr, hier bei !PLAZEBOALARM!

Nachtrag:
Eins müssen wir noch festhalten: Bisher wollten wir nur klären, was der Begriff bedeutet. Ob das alles wirkt, können wir natürlich noch gar nicht sagen, haben wir auch noch nicht gefragt. Und auch die Meinung von Herrn Chalmers ist erstmal nur eine Meinung.

Und wir wollen ja nicht den Fehler machen, nur weil ein Wissenschaftler etwas sagt, das auch gleich als Wahrheit festzuschreiben, nur weil er eine uns genehme Antwort gibt.

Wir werden sehen ...
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Cellagon 2: Eine Studie haben wir jetzt

BITTE BEACHTEN: Ich habe die Geschichte zu Cellagon aurum in meinem Blog Plazeboalarm auf scienceblogs.de in drei Folgen fortgesetzt: Cellagon aurum: Die zweite Staffel

Was bisher geschah.

Alarmstufe Gelb  Auch wenn uns die Berner GmbH die Studie, in der sie eine Wirkung von Cellagon aurum belegt haben will, verweigerte, gibt es natürlich noch andere Wege.

Wir haben einfach beim Verlag Haug/Thieme nachgefragt, der die Zeitschrift Erfahrungsheilkunde herausbringt.

Dort erfuhren wir auch, dass dieses Fachblatt kein fest installiertes Gutachterverfahren hat (peer-Review), bei dem mehrere anonyme Gutachter die Untersuchung beurteilen.

In Einzelfällen würden externe Gutachter zu Rate gezogen. Ob dies bei der Cellagon aurum-Studie der Fall war, hat uns die Mitarbeiterin leider nicht mehr mitgeteilt.

Jetzt haben wir das Teil, dann werden wir das mal begutachten (lassen) ...

Alarmstufe Gelb  Demnächst mehr, hier bei !PLAZEBOALARM!

Kurios: Cellagon aurum hilft nicht, wenn man schwanger werden will, erfährt man in diesem "Kinder wunsch"-Forum (Die Firma behauptet das auch nicht, aber es ist interessant auf was für Ideen die Leute so kommen)
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Was sind eigentlich Amino-Peptide?

Hausaufgabe für unsere Leser über´s Wochenende:

Klärt doch bitte die Frage: Was genau sind eigentlich Amino-Peptide?
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Neosino veröffentlicht Studie, ganz leise

Was bisher geschah ...

Das überrascht uns - und auch wieder nicht. Die neosino nanotechnologies AG, Griesheim, (die Bayern München so toll findet) veröffentlicht auf ihrer Homepage einen Bericht/Zusammenfassung der angekündigten Untersuchung des Institutes für Sporternährung e.V., Bad Nauheim (IS). Eine Presssemitteilung hat es dazu bisher offenbar nicht gegeben ...

Wir finden zumindest keine. Die letzte war die bekannte Stellungnahme am 25. September. Es folgt nur noch die Erklärung, dass man einen neuen Internetauftritt hat.

Fazit der Zusammenfassung (pdf), nach der zwölf Studenten neosino nano Liquid während einer sportlichen Anstrengung einnahmen und im Vergleich dazu ein Plazebo bekamen: "Studie bestätigt Steigerung der Leistungsfähigkeit nach Einnahme."

Das kann man jetzt mal eins nach dem anderen checken.

Wir fangen mal mit Folgendem an, weil es gerade so schön passt.

Es handelt sich nach unserer Vermutung um eine Auftragsstudie (müssen wir noch bestätigen). Da haben wir ja gelernt und werden immer wieder bestätigt, dass diese mit Vorsicht zu genießen sind (das sagt einem schon der gesunde Menschenverstand, aber es ist gut, wenn der immer mal wieder bestätigt wird).

In Auftragsstudien kommt - ganz neutral betrachtet - besonders häufig das heraus, was der Auftraggeber wünscht.

Das zeigt sich wieder einmal in einer aktuellen Studie im British Medical Journal.

Dänische Forscher haben die Ergebnisse von 24 Übersichtsarbeiten verglichen: 7 gesponserte Studien, 8 vom unabhängigen Cochrane Institut und 9 von anderen nicht gesponsorten Autoren.

Ergebnis: In den sieben Konzernstudien war das eigene Produkt über jeden Zweifel erhaben. Die Cochrane-Untersuchungen wiesen hingegen immer wieder auf Probleme hin, wie: Studien-Design ist nicht gut, Relevanz ist fraglich, Wirkung sinkt je höher die Teilnehmerzahl ist, neues Mittel ist teurer als bewährte Mittel. Ähnliche Anmerkungen machten auch die anderen unabhängigen Autoren. Die Industrieübersichten griffen oft auch nur auf die Studien zurück, die es nur in der eigenen Datenbank gab, wie New Scientist einen der Autoren zitiert.

Fazit der Autoren (and keep the neosino-study in mind): Industrie gesponserte Übersichtsarbeiten sind mit Vorsicht zu genießen ...

Das Stichwort des Tages, das wir uns in diesem Zusammenhang merken, lautet: Bias.

Immer wenn die werten Leser also eine Untersuchung sehen, die von einem Hersteller bezahlt wurde, in dem sein eigenes Produkt vorkommt, sollte ab sofort (wenn es das nicht eh schon tat) in Gedanken der Begriff "Bias" aufleuchten.

Um den Begriff zu umschreiben: Dazu passen Begriffe wie Tendenz, Neigung, Schlagseite, Beeinflussung, Hang, Verzerrung. Oder: Wenn ich mein eigenes Produkt oder das des Auftraggebers teste, neige ich dazu es positiver zu betrachten als andere (unabsichtlich oder absichtlich).

Das alles ist noch kein absolutes Kriterium, um zu sagen: "Diese Studie kannst Du in die Tonne kippen." Aber es ist in einer sachlichen Auseinadersetzung mit dem Gegenüber ein Kriterium, dass man auf seiner Minus-Liste (fett) vermerken kann.

neosino: erstes Minus (wenn wir bestätigen, dass es eine Auftragsstudie ist).

Nachtrag:
neosinos Untersuchung und die dänische Arbeit sind nicht ganz kompatibel, weil das neosino-Teil eine einzelne Untersuchung ist, während der Check der Dänen eine so genannte Meta-Analysen ist. Das sind Übersichtsarbeiten, die viele kleine und große Einzeluntersuchungen zusammenfassen. Aber: In der Aussage ändert sich nichts: Der Bias spielt bei beiden eine Rolle.
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VIROXX 3: Klar soweit

Okay, wir geben zu, wir sind zeitlich etwas in Verzug, was das Auseinandernehmen des VIROXX-Luftsterilisationsgerätes gegen mutierte Vogelgrippe-Viren angeht. Aber was sollten wir es im Sommer bringen, wenn die Geflügelpest sowieso kein Thema ist.

Dafür nehmen wir uns jetzt auch etwas mehr Zeit und eine Menge Platz.

Aber zunächst:
Was bisher geschah, geschah.

Alarmstufe Rot!  Lassen wir einfach mal beiseite, dass die Kobra-biotechnic GmbH aus Pinneberg Werbung mit einer Gefahr machte, von der damals niemand wusste und heute auch nicht weiß, ob Sie überhaupt jemals auftreten wird (es war einfach der Zeitgeist, damals im Februar 2006). Dass die Firma es tat und immer noch tut, finden wir an sich schon bemerkenswert.

Die Bild am Sonntag fand, es ist ein Beispiel für "miese Geschäfte mit der Angst" (nur noch bei Bildblog) und hat sich inklusive des Bildblogs Ärger eingehandelt.

Wir fanden, dass man einer Firma, die nach unseren Recherchen die Domain www.H5N1.de im Netzt belegt und auf die Firmenseite lenkt, durchaus unterstellen kann, von der damaligen Hysterie profitieren zu wollen.

Aber nehmen wir doch einfach mal an: Es ist ein Virus entstanden (wie mag es wohl heißen?), das dem Menschen gefährlich werden könnte, weil es sich beim humanen Grippe-Virus die entscheidenden Genstücke besorgt hat (Klingt jetzt fast wie der Plot für ein PRO7-Wissenschaftsdrama á la Tornado - Zorn des Himmels oder ein Gallileo-Special, brr...)

Schützt uns VIROXX 1000, der mobile Raumluftsterilisator der Kobra-biotechnic GmbH aus Pinneberg, wenn man ihn in Arztpraxen, Gemeinschaftsräumen oder auch zu Hause aufstellt?

Schlagkräftiges Argument der Firma ist eine Untersuchung des Institutes für Virologie der Uni Marburg an SARS-Viren (Was war denn das noch?). Kurz gesagt bestand der Versuch darin, die Keim tötende Technologie wenige Zentimeter über eine Petrischale zu halten, in der eine Suspension mit SARS-Viren enthalten ist. Ergebnis der Untersuchung: Die Viren wurden abgetötet. Finden wir überzeugend.

Nur: Wir haben Herrn Hans-Dieter Klenk, den Direktor des Institutes für Virologie der Uni-Marburg, gefragt, inwieweit ein Test mit einer Suspension aussagekräftig ist, wenn man doch zeigen will, das Keime in der Luft (in Aerosolen) abgetötet werden. Seine erste Antwort:
"Ihre Frage ist berechtigt. Wir haben die Wirksamkeit der Methode bei Virussuspensionen nachgewiesen. Aerosole wurden nicht untersucht. Es bleibt also offen, ob sich das Verfahren zur Luftreinigung eignet."
Auf die Nachfrage, ob es nicht unrealistisch sei, mit einem solchen System Infektionen in Räumen zu verhindern, meint er dann aber:
"Da das Virus aerogen übertragen wird, ist die Luftreinigung in einem geschlossenen Raum (z. B. Flugzeug) schon von Interesse."
Mhm. In einem Flugzeug. Von Interesse. Klingt für uns nicht so richtig überzeugend, oder? Aerogen wird das Virus zwar auch übertragen, ... dazu später mehr. Okay, in seinem Labor wurde die Auftragsarbeit durchgeführt.

Festzuhalten ist aber: Getestet wurde die Viren-tötende Technologie, nicht der Raumluftsterilisator als Ganzes.

Die Idee hinter dem Raumluftsterilisator: Er saugt die Raumluft an, führt sie an der Viren tötenden Technologie vorbei und macht den Krankheitserregern damit ein Ende. Klingt plausibel, aber ... (wir kommen zum Kern des Ganzen).

... aber was, wenn die Luft in der Arztpraxis, dem Gesellschaftsraum oder dem Partykeller gar nicht mit Viren geschwängert ist, weil die Viren gar nicht in der Luft hängen bleiben (um es mal ganz vereinfacht darzustellen)?

Eine Grippe oder die Geflügelpest fängt sich ein Mensch oder ein Geflügel ein, weil man Kontakt hatte mit einem Virenträger oder zum Beispiel von einem Virenträger angeniest wurde (Tröpfcheninfektion). Das heißt, das Virus sitzt auf Türklinken oder auf Händen oder Schnäbeln oder im Speichel. Die Raumluft ist nicht erfüllt von Viren-Schwaden, die nur darauf warten, dass ein potenzielles Opfer vorbei kommt und sie einatmet.

Dass sich die Sache so verhält wie wir hier beschreiben, und damit mit einem Luftsterilisator nicht wirklich gut bekämpft werden kann, haben uns auch ein paar Wissenschaftler bestätigt, zum Beispiel Peter Heeg, Professor am Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene der Uniklinik Tübingen.
"Sie haben vollkommen recht. Das Verfahren an sich mag gegen luftgetragene Krankheitserreger durchaus wirksam sein, das sagt allerdings nichts darüber aus, ob es sich um eine epidemiologisch sinnvolle Maßnahme handelt. Töpcheninfektionen werden über kurze Distanzen übertragen (max. 1,5 - 2 m). Es gibt daneben die echte luftübertragene Infektion durch sog. Tröpfchenkerne (d. h. der Wasseranteil der Tröpchen verdunstet und das verbleibende feste Partikel mit dem Erreger verbleibt noch längere Zeit in der Luft); man hat das für die Tuberkulose diskutiert, für die Influenza meines Wissens nicht, weil ungeschützte Paramyxoviren auch nicht sehr stabil sind."
Auch Heinz-Joern Moriske, Wissenschaftlicher Direktor der Fachgruppe Gesundheitsbezogene Exposition, Innenraumhygiene des Umweltbundesamtes in Dessau gibt uns Recht:
" ... Ihre Anmerkungen zum Übertragungsweg einiger Viren und Bakterien sind zudem vollkommen richtig. ... Das bedeutet nicht, dass es nicht möglich ist, z.B. über den Einsatz von Sterilfiltern selbst kleinste Partikel und Mikroorganismen aus der Luft zu filtern, eben aber nicht alle und in Wohnungen wird die Luft dadurch ohnehin nie vollständig "steril"."
Das Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin antwortet kurz und knapp auf unsere Anfrage:
"Von Seiten des Robert Koch-Instituts bestehen keine Empfehlungen zum Einsatz derartiger Geräte ... "
Um sich vor Krankheitserregern wie den Influenza-Viren oder auch MRSA (ein echtes Problem in Krankenhäusern) zu schützen, raten alle inklusive des RKI das, was auch Herr Heeg rät:
"Wirksame Maßnahme zur Infektionsprävention sind ... Masken, Händewaschen/Händedesinfektion und im Medizinbereich die Verwendung von Handschuhen. Von einem Luftentkeimungsgerät würde ich mir bei der Influenza so wenig erwarten wie bei MRSA."
Fazit: Die Technologie des VIROXX 1000 mag Viren abtöten, auch welche, die es noch gar nicht gibt (belegt ist nur das SARS-Virus). Ob es aber geeignet ist, im Falle einer Epidemie durch ein mutiertes Vogelgrippe/Geflügelpest-Virus, Menschen vor Ansteckung in Räumen zu schützen, bezweifeln wir (und nicht nur wir). Der von der Firma vorgestellte Test reicht jedenfalls nicht aus, um das zu beweisen.

Und weil man schon gar nicht bekämpfen kann, was es nicht gibt, die Firma aber totzdem dafür Werbung macht, gibts von uns aus tiefstem Herzen ein markerschütterndes
Alarmstufe Rot!  !PLAZEBOALARM!

Das war schon eine absurde Zeit damals, im Februar 2006, oder?

Wir sind Plazeboalarm! Klar soweit?
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Das zuckersüße F-Wort

Kurz vor Feierabend noch schnell ein (eigentlich zwei) Lesetipp(s). Einmal zum Thema: Süße aus Früchten, die Danone seit einiger Zeit für ihren Kinderjoghurt, die bekannten Fruchtzwerge, bewirbt.

Kristallzucker (Saccharose)
wird durch Fruchtzucker (Fructose) ersetzt, und um das böse Wort Zucker zu vermeiden, heißt es eben "Süße aus Früchten".

Vorschnell, wie wir manchmal sind, dachten wir natürlich: "Hey, nicht mit uns. Purer Marketingtrick, ist doch egal, welcher Zucker. Dick machen sie alle, wenn man zuviel davon isst."

Ganz so einfach ist es dann doch nicht, wie wir hier lesen. Aber ganz so einfach kann es sich auch Danone nicht machen, wie dieses Gerichtsurteil belegt.

Und zum Thema "etwas umschreiben, weil man das F-Wort nicht sagen will (z.B. Süße aus Früchten statt Zucker)", noch ein Hinweis zum Thema Gentechnik. Eine Geschichte, auf die uns Stefan Jakobasch bei wisskomm hinweist (irgendwie sind die schwierig zu verlinken. Titel: Wie man ein böses Wort vermeidet).

Auch er tut einen weiteren Unterschied zwischen englischer und deutscher Wissenschafts- und/oder Medienwelt auf. Wie auch wir hier zuletzt.

Schönes Wochenden wünschen wir, falls Ihr den heutigen Tag überlebt habt.
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Der Saft, der uns die Studien verweigert

BITTE BEACHTEN: Ich habe die Geschichte zu Cellagon aurum in meinem Blog Plazeboalarm auf scienceblogs.de 2009 in drei Folgen fortgesetzt: Cellagon aurum: Die zweite Staffel


Alarmstufe Gelb  Das können wir ja überhaupt nicht leiden. Eine Firma verweigert uns die wissenschaftlichen Studien, mit denen sie ihre Produkte bewirbt. (Wie sauer wir sind, seht ihr an der Länge dieses Beitrags, das muss raus.)

Wir gehören zur Vierten Gewalt und Transparanz ist uns ein hohes Gut.

"Wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass wir Ihnen die Studie nicht übersenden können, da sie nur für Ärzte und Heilpraktiker vorgesehen ist. Wir bitten um Ihr Verständnis", lautet die Antwort auf unsere Anfrage, die wir über die Firmenwebsite per E-Mail-Maske am Samstag, den 16.9., stellten. Am Montag gab uns eine Mitarbeiterin die Antwort.

Gut, wir hatten uns nicht direkt als Wissenschaftsjournalisten zu erkennen gegeben. Aber das hat unser Mitarbeiter (also ich) dann sofort in unserer Antwort-E-Mail auf die freundliche Absage getan.

Seitdem haben wir von dieser Firma nichts mehr gehört.

Ihr (wir bleiben heute mal beim Du) wollt natürlich wissen, von wem wir reden. Aber der Reihe nach.

Unserem Leser Peter B. war bei Günther Jauchs "Wer wird Millionär?" ein Kandidat aufgefallen, der auf Jauchs Frage nach dem Beruf "Cellagon-Berater" genuschelt hatte (so hat er es uns per E-Mail mitgeteilt).

Auf Nachfrage Jauchs erklärte der Kandidat, das sei das beste Nahrungsmittel, das es gibt.

Jauch roch den Braten, "scherzte noch, er kenne nur Collagen und brach das Gespräch ab", so Peter B.

Aber für unseren Leser begann die Geschichte damit erst.

"Bei einer Google-Recherche finden sich in Foren zig "Fachberater", die auf Anfragen von (potentiellen) Nutzern das Produkt loben und ihre Dienste anbieten" sagt Peter B. Interessant sei auch ein Artikel in der WELT, "der offensichtlich nichts weiter als eine abgedruckte Pressemitteilung ist", bemängelt unser Leser völlig zurecht die journalistische Leistung des Kollegen.

Der Hersteller, die Berner GmbH in Hamburg, präsentiert drei Saftprodukte mit Namen Cellagon aurum, Cellagon vitae plus und Cellagon felice, allesamt Saftkonzentrate, die mit Wasser verdünnt werden.

Es wimmelt nur so von Bioaktivstoffen, Phytaminen und den "Kräften der Natur". Und obwohl schon das Konzentrat Substanzen von "bis zu 40 verschiedenen Obst-, Frucht-, Kräuter- und Gemüsesorten" enthält, hat die Berner GmbH es noch angereichert – mit den üblichen Heilsbringern: Omega-3- und Omega-6-Pflanzenölen, Traubenkernextrakt mit "OPC", L-Carnitin, Co-Enzym Q 10, prebiotischen Ballaststoffen und levitiertem Quellwasser.

Es macht (geistig) fit, hält jung und macht schön, so könnte man die Werbeversprechen zusammenfassen. Eines davon hat die Firma durch zwei Studien belegen lassen, was auch unserem Leser Peter B. direkt auffiel.

Und das hört sich auf den allerersten Blick gar nicht mal so schlecht an, was die Firma zu bieten hat:

Für Cellagon aurum:
Prospektive, randomisierte Verlaufsstudie zur Erforschung der Wirksamkeit eines Nahrungsergänzungsmittels in Bezug auf subjektive Befindlichkeit und Veränderung physischer Risikofaktoren (n= 230)

Originalveröffentlichung:
Grossarth-Maticek, R. (2003), Erfahrungsheilkunde/Acta Medica Empirica (Haug/Thieme Verlag), Band 8/2003, Seiten 499-508.

Für Cellagon felice:
Das renommierte Institut SIT (Skin Investigation and Technology Hamburg) führte die Untersuchung nach folgendem Studiendesign durch: 150 Probanden zwischen 24-78 Jahren, Placebo-kontrolliert*, doppelt blind*, randomisiert*. Gemessen wurde vor der Testmusterausgabe und nach zwei, vier sowie sechs Monaten Anwendung.

Auf genau diese beiden Studien hätten wir gerne mal einen oder zwei Blicke geworfen.

Leser Peter B. lenkte unseren Blick erst einmal auf den Hauptautor der C. aurum-Studie: Grossarth-Maticek, R.

Auf der Seite der Berner GmbH wird er genauer vorgestellt als:

Dr. med. Dr. phil. Dr. h.c. Ronald Grossarth-Maticek
Professor für postgraduierte Studien
Europäisches Zentrum für Frieden und Entwicklung (ECPD) der Universität für Frieden der Vereinten Nationen
Institut für präventive Medizin
D - 69117 Heidelberg

Und nicht nur Peter B. wundert sich, was ein Friedensinstitut mit einem Gemüsesaft zu tun haben könnte.

Über Herrn Ronald Grossarth-Maticek empfiehlt uns Peter B. folgende Seiten. Der Herr Dr. Dr. Dr. scheint nicht nur ein Problem mit Titeln zu haben, er ist offenbar in bestimmten Kreisen kein Unbekannter.

Uns wunderte, was auch den Autoren dieser Seiten zum Institut des Herrn Grossarth-Maticek aufgefallen war:
"Es wäre zu erwarten, dass diese Einrichtungen eigene Websites haben und dass die Website von Grossarth-Maticek (www.Grossarth-Maticek.de) Links zu diesen Websites enthält. Das ist heute zumindest der Minimalstandard. In Grossarth-Maticeks Website findet sich nichts dergleichen (zuletzt geprüft am 5.1.2005)."
Das ist immer noch so. Allerdings leitet er das Institut nicht mehr (wie er auf seiner Homepage mitteilt), sondern "widmet (...) seine wissenschaftliche Tätigkeit (...) dem Zentrum für multidisziplinäre Forschung und Entwicklung präventiver Verhaltensstrategien, ZMF."

Für das ZMF finden wir über Google zwei Einträge: einen auf seiner Seite und ein pdf, das möglicherweise als Webseiten-Ersatz gedacht ist ...

Genug erst mal ...

Also: Wir warten auf zwei wissenschaftliche Studien, wir haben einen Studienleiter, von dem wir einiges wissen, das uns überrascht und uns zu denken gibt. Wir finden, dass sollten wir noch ein wenig verfolgen.

Dank an Peter B.!

Alarmstufe Gelb  Demnächst mehr, hier bei !PLAZEBOALARM!
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