Ärzte sind nicht bestechlich

Und weil wir gerade beim Thema "Du-lässt-dich-vor-den-Karren-der-Pharmafirmen-spannen" sind (ein Beitrag drunter):

Wir haben alle unsere Gewissheiten und Vorurteile, auf die wir uns verlassen, und die wir immer wieder abrufen, und die wir gerne als Grundlage unserer Einschätzungen und Kommentare nutzen.

Zum Beispiel:
Es gibt eine ganze Menge Ärzte, die nicht unabhängig agieren. Die sich eben "Vor-den-Karren-der-Pharmafirmen-spannen" lassen.

Es tut immer gut, wenn man das hin- und wieder mal von einem Vertreter der angegangen Gruppe selbst hört, dass das auch wirklich so ist.

Ein schönes Beispiel liefert aktuell ein Beitrag in der Fachzeitschrift Psychiatrische Praxis des Thieme Verlages. Dort gibt es ein Pro und Kontra zum Thema: Behindert Sponsoring den Erkenntnisgewinn in der Medizin?

Wir lassen jetzt mal den einen Artikel außer Acht, der das Sponsoring klinischer Studien verteidigt (ob man da von Sponsoring sprechen kann?). Das sollte sich auch aus dieser Pressemitteilungsnews erschließen.

Wir konzentrieren uns lieber ganz auf den Beitrag von Asmus Finzen, Jahrgang 1940, einst stellv. ärztlicher Direktor der Uniklink Basel, inzwischen im Ruhestand. Er hat offensichtlich etwas gegen Sponsoring der Pharmafirmen in der Medizin. Er kennt die ganze Bandbreite.
"Die Kugelschreiber auf unserem Schreibtisch, unsere Terminkalender, ein Teil unserer Fachbücher sind solche Geschenke - wenn wir wichtig sind, gelegentlich sogar ein Laptop. Die meisten Fortbildungsveranstaltungen, die wir besuchen, sind industriegesponsert. Und wenn wir Vorträge halten, nehmen wir (ich auch) gern Honorare entgegen, von denen wir wissen, dass sie gesponsert sind."
Er schreibt zum Beispiel einfache Wahrheiten wie diese:
"Wir sind nicht bestechlich, natürlich nicht - dazu braucht es mehr als einen Kugelschreiber. Aber wenn wir ehrlich mit uns sind, wissen wir, dass es nichts umsonst gibt."
Kurzer Einschub: Zum Thema Pharma-Kugelschreiber schauen Sie bitte einmal hier, auch wenn wir ihn heute schon hatten.

Er kennt sie ganz genau, die kleinen Tricks der Pharmafirmen, mit denen sie sich einen Dr. med. gewogen machen. Es sind diese kleinen menschlichen Schwächen, die sie ausnutzen.
"Es ist schlicht ein Gebot der Höflichkeit, dass wir uns als Referenten nicht allzu kritisch über das Präparat des Hauptsponsors äußern, das diesen erst zum Sponsoring motiviert. Und es ist nur menschlich, dass wir dem sympathischen Repräsentanten dieses Sponsors, mit dem wir einen netten Abend verbracht haben, bei seinem nächsten Besuch aufmerksamer zu hören als einem beliebigen anderen."
Und nur mal, damit das mal vermerkt ist:
"Zu glauben, dass das allgegenwärtige Sponsoring zu einer unabhängigen Meinungsbildung von uns Ärzten beiträgt, ist Traumtänzerei."
Worum es wirklich geht, sagt Herr Finzen, der sich damit all unseren Respekt verdient, natürlich auch.
"Weil es um so viel Geld geht, dient solche Forschung allzu häufig vorrangig dem Ziel, den Patentschutz zu verlängern, ohne dass die Kranken davon profitieren, z. B. durch zweifelhafte Indikationserweiterungen auf Kinder. Zugleich stellen die Arzneimittelhersteller fast immer jede Forschung und die Förderung bewährter Medikamente ein, sobald die ersten Generika auf den Markt kommen."
Nicht, das wir uns falsche verstehen. Herr Finzen findet es völlig legitim, dass Pharmafirmen Geld verdienen wollen. Das sehen wir auch so. Herr Finzen und auch wir sind überzeugt, dass Pharmafirmen und Ärzte auch dasselbe wollen ...
"Aber jenseits dieses gemeinsamen Anliegens (er meint Kranken zu helfen), das uns verbindet, trennen uns widerstreitende Interessen. Das ist von der Natur der Sache her unvermeidbar. Denn die Medizin ist zugleich ein Markt, auf dem es weltweit um Billionen geht. Zu glauben, dass man dessen Versuchungen durch Verhaltenskodizes regeln kann, ist mehr als naiv."
Nur, dass wir das mal hier festgehalten haben für die Öffentlichkeit. In einem Magazin wie der Psychiatrischen Praxis bekommt es ja niemand mit außerhalb der Community.

So, jetzt seid Ihr dran.
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hockeystick | 16. Okt 2007, 13:16

Die ziemlich absurde Idee, so ein Thema zaghaft in einem "Pro-und-Kontra"-Artikel abzuhandeln, überrascht nicht in einem Verlag, der schon in der Vergangenheit dadurch aufgefallen ist, dass er nur zu gerne auf die Empfindlichkeiten seiner Anzeigenkunden Rücksicht nimmt.

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/365/86279/

Schön, dass ihr wieder da seid.

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