Wenn der Schwanz mit dem Hund

Heute mal eine kleine Zitatesammlung für die Journalisten unter unseren Lesern und für alle, die sich auch dafür interessieren, wie und in welchem Umfeld die Artikel und Beiträge (auch die Wissenschafts- und Medizinmeldungen) entstehen, die man täglich so liest, sieht und hört.

(Wir finden es wichtig, immer mal wieder ein wenig Kontrastverstärkung zu betreiben, also die Unterschiede zwischen PR und Journalismus hervorzuheben, und so zu verdeutlichen, welche Mechanismen "am Werke sind")

Dustin Hoffmann in "Wag the Dog".

Drei Kernaussagen aus einem heute in der SZ (Rubrik Medien, S. 19) veröffentlichten Interview mit Siegfried Weischenberg, Direktor des Instituts für Journalistik und Kommunikationswissenschaft der Universität Hamburg. Er hat nach 1993 erneut eine Studie zur Lage des Journalismus in Deutschland durchgeführt.

Hier unsere Top 3 der bemerkenswerten/bedenkenswerten Entwicklungen:
1. "Weniger Personen produzieren mehr Inhalt als vor 13 Jahren. Es kommt mehr denn je darauf an, ein Medium einfach irgendwie zu füllen."
2. "Es gibt immer mehr Menschen, die sich als Journalisten fühlen, aber weniger als früher, die wirklich für journalistische Medien arbeiten."
3. "Das viel größere Problem aber ist die Entgrenzung hin zu Public Relations und Weblogging. Parolen aus der Kommunikationswissenschaft wie „jeder ist ein Journalist“ laufen auf eine Deprofessionalisierung hinaus. All das bedroht die Identität des Journalismus."
Und weil wir gerade dabei sind: Im Folgenden Ausschnitte aus einem Beitrag der unser gut gepflegtes und gehegtes Bild von der Public Relations als der "dunklen Seite der Macht" auf´s Schönste bestätigt.

Zum Thema PR (diese "Dampfplauderer", Spiegel Online, 1. August 2006) legen wir dem werten Leser folgenden Artikel über die Branche als "Die Meister der Verdrehung" bei Spiegel Online ans Herz.

Auch wenn es vor allem um Wirtschafts-PR geht, kann man die Sätze unserer Meinung nach auch auf andere Sektionen wie die Medizin-Branche übertragen.

Hier unsere Lieblingsaussagen. Zunächste etwas hübsch pessimistisches, das gut zu den Aussagen von Weischenberger passt:
"Statt Propaganda aufzudecken, sind Medien der Kanal für Propaganda geworden", sagt John Stauber, Gründer des unabhängigen Nachrichtendienstes PR Watch und Autor mehrerer Bücher über den Einfluss von PR.
Etwas Grundsätzlicher, der Unterschied zwischen PR und Werbung:
"Geschichten in Medien schleusen, Ereignisse inszenieren, Interviews platzieren, positive Berichterstattung erzeugen - "das kann Werbung nicht", sagt Edelman stolz.
Und im Hinblick auf Weblogs (Holzaugen seid wachsam!):
Vor kurzem gelang es seiner Agentur sogar, auf die Internet-Seiten bekannter Web-Autoren zu schleichen. Die gut vernetzte Szene, sogenannte Blogger, gilt als relativ autonom und schwer zu unterlaufen. Edelman nahm einige der Schreiber unter Vertrag. Einer von denen drehte seinen alten Kollegen dann exklusive Jubelmeldungen über den Einzelhandelsriesen Wal-Mart an, einen Edelman-Kunden. Es dauerte nur Stunden, bis sich die positiven "News" verbreitet hatten.

Auch schön:
PR-Profis sind Wahrnehmungsmanager. "Sie testen, wie elastisch Wahrheit sein kann", sagt der Kommunikationswissenschaftler Klaus Merten, der jahrelang die Branche durchforschte.
Oder:
PR-Leute sind immer auch Übersetzer, die versuchen, die Deutungsmacht über Begriffe zu erlangen, Worte gefügig zu machen, Assoziationen zu diktieren. So werden aus Entlassenen Freigesetzte, aus Zuzahlung wird Eigenverantwortung und aus Menschen Humankapital. Anonyme Konzerne sind plötzlich fühlende Wesen.
Wir sagten ja: Ab und zu etwas Kontrastverstärkung betont den Grenzverlauf zwischen den Fronten.
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