Brief eines Kreationisten

Das ist schon eigenartig: Da verfolgen wir seit zwei Jahren die Kreationisten-ID-Evolutionsdebatte, aber es bleibt doch alles irgendwie abstrakt. Und dann bekommt man einen Leserbrief und es überkommt einen ein Gefühl wie: Die gibt´s ja wirklich, die Kreationisten.

Jetzt ist man im ersten Reflex versucht, Hohn und Spott über eine solche Person auszukippen, angesichts des Textes (und der versteckten Beleidigungen), aber das ist nicht unser Stil.

Deswegen ganz sachlich, ohne Polemik, einfach ein paar Passagen aus diesem Leserbrief, der sich auf diesen Artikel bezieht (allerdings die Zweitverwertungsversion bei einer Regionalzeitung mit dem Titel "Zweibeiner im Baum"), also nicht für diesen Blog verfasst, sondern Brotjob.

Es ging um die These, dass die evolutionären Vorfahren des Menschen schon auf den Bäumen Zweibeinigkeit entwickelten und nicht erst als sie die Bäume verließen (es gibt so einige Thesen dazu).

Reizwörter in diesem Zusammenhang waren offenbar Evolution, Vorfahre und Affe.

(Eigentlich ist es nicht zu glauben ...).

Nach einem einleitenden, obligatorischen "mit Interesse gelesen" kommt der Leser gleich zum Punkt (wenn auch etwas schwer nachvollziehbar):
"Dann fragen Sie, "stand der Vorläufer des Menschen schon auf 2 Beinen, als er die Wälder verließ?" Der Affe hat nie den Wald verlassen. Hat Ihre Armbanduhr und Ihr Auto sich auch in einer Garage oder auf einer Deponie entwickelt? So denken noch nicht einmal Affen?"
Dann wird klarer, um was es geht:
"Wenn die Affen so naturverbunden sind, wie sollten sich daraus der Mensch entwickelt haben? Und woher nehmen Sie die Jahrmillionen?"
Es folgt dann ein etwas schwer verständlicher Absatz, in dem es um die Anzahl der Affen und Menschen, Könige und Arbeiter geht, von da aus zu Krebszellen, aus denen ja auch kein Organ wird, um dann aber doch in folgender Frage zu münden:
"Ihr Artikel ist so eine Tumorzelle in den, nach Leben suchenden Menschen. Vom Affen zum Menschen. Sind Sie so dumm?"
Dann kommt er endlich zum Kern:
"Wir lesen unsere Bibel, Gottes Wort, und da steht die Wahrheit, dass Gott die Tiere schuf, und dazu gehören die Affen, und dann den Menschen schuf "nach Seinem Bilde"(Fettung vom Briefschreiber), nach Seinem Ebenbilde. Wollen Sie sagen, Gott sieht wie ein Affe aus?"
Man merkt wie sich der Briefschreiber allmählich warm schreibt.
"In Ihrem Stolz verachten Sie Gott und weigern sich Gott die Ehre zu geben, dass Sie wunderbar gemacht sind mit allen Ihren Sinnen und Ihm danken, dass Sie kein Affe sind, der in den Bäumen klettert."
Und er droht:
"So verbreiten Sie weiter diese freche Lüge, die ein Tumor in Ihrem Verstand ist, und Sie in die Hölle bringen wird. "Es ist dem Menschen gesetzt einmal zu sterben, danach kommt das Gericht." (Hebräer 9,27). Auch Ihnen gilt das, und dem werden Sie nicht mit Ihrer Affenlüge ausweichen können."
Es folgt eine kurze Abhandlung über den Verstand eines Affen (und offenbar meint er auch den meinen):
"Der Mensch ist Gottes Ebenbild ..., der weiß, was gut und böse ist. Affen sind Tiere, die nach Ihrem Instinkt leben. Und wenn Sie sagen, der "Vorläufer", dann sagen Sie damit, dass Sie vom Affen abstammen, mit einem Affenverstand und also auch ein Tier sind und so behandelt werden sollten. Mit dieser Aussage würde ich Gottes Heiligkeit antasten ..."
Um endlich auszusprechen, was er von dem Artikel hält:
"Nur Ihr Denken ist böse, irdisch, satanisch, von Finsternis umhüllet, nicht affisch, denn Sie wissen, was gut und böse ist, Affen wissen das nicht."
Und natürlich eine Empfehlung:
"Bitten Sie Gott, den lebendigen Herrn Jesus Christus, um Vergebung für das ausgestreute Gift in die Herzen der unwissenden Leser, das den Tod, Hölle programmiert. Lesen Sie die Bibel, und spotten Sie nicht über den Schöpfungsbericht, dass Gott die Erde schuf, der wahr ist, und keine Lüge, und Ihnen genau Auskunft gibt, wie die Tiere erschaffen wurden und wie Gott den Menschen schuf, nach seinem Ebenbild. Lesen 1. Mose Kapitel 1.. "
Und wir sitzen da und können es gar nicht glauben und wundern uns ...

(Martin, komm' , lass und doch Dawkins bestellen ...)
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davus | 7. Okt 2007, 22:55

Jessas!

Mehr fällt mir auch nicht ein.
martin_ | 8. Okt 2007, 09:18

Leute gibt's!

Es gibt genug Leute, die glauben, dass die Erde an 7 Tagen erschaffen wurde; oder gehen wir weiter: dass sie flach oder innen hohl ist, ... Da kannst Du Dich endlos abarbeiten. Denk nur an die Ufologen, die Wünschelrutengänger undundund. Markus, wir werden gebraucht ;-)

Religion würde ich in eine Sphäre jenseits der Wissenschaften und ihrer Methoden stellen. (Wissenschaftliche Ergebnisse werden der Religion bestimmt noch viel Terrain streitig machen). Zwischen den Extremen, Dein erleuchteter Leserbriefschreiber auf der einen und Richard Dawkins auf der anderen Seite, gibt's allerdings noch viele Zwischenpositionen. (Dawkins ist mir zu extrem, und ich würde mich nicht wundern, wenn Forschungsergebnisse auch mal zeigen würden, dass Religiöses (Mysthisches, Metaphysisches) -- ohne Präferenz für einen Gott oder eine Glaubensrichtung -- irgendwie auch Sinn machen kann.)

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