Apotheker sind keine Ärzte, trotz weißer Kittel

Die jungen Kollegen Dana Brüller und Max Scharnigg von jetzt.de habe einen Beitrag zum Thema "Trendmedikamente" verfasst, erfreulicherweise unter der Rubrik "Hypochondrie".

Dort portraitieren sie vier beliebte freiverkäufliche Mittel aus der Apotheke. Sie erklären kurz, was es ist und was es soll, um dann einen "Schulmediziner" und ein "Apothekerpaar" zu fragen, was sie davon halten. (Leider ohne Namen zu nennen, was kurz den Verdacht in uns nährte, es könnte sich um fiktive Personen halten, und die beiden Autoren wollten nur ein bisschen mit Vorurteilen usw. spielen, aber das haben wir dann verworfen, weil es einfach zu abgedreht wäre.)

Wer noch einen Beleg dafür braucht, das (bitte ankeuzen) manche/viele Apotheker zwar weiße Mäntel tragen, dass sich darunter aber nicht zwangsläufig ein medizinisch kundiger Mensch, sondern ein Kaufmann verbirgt, der sollte sich das mal durchlesen.

Wir erlauben uns ein paar Beispiele zu präsentieren, verweisen aber nochmals auf den Artikel (angesichts der ausgiebigen Zitate).

Umckaloabo

Schulmediziner:
"Umckaloabo wird als pflanzliches Antibiotikum beworben, ohne eines zu sein. In der jüngsten Zeit gibt es vermehrt Hinweise, dass Umckaloabo Leberschäden hervorrufen kann. Ich würde davon abraten, ein solches Produkt zu nehmen ..."
Apotheker:
"Umckaloabo hilft sehr gut, vor allem bei Bronchitis. Wichtig ist, dass es dreimal am Tag eingenommen wird und man sich an den Beipackzettel hält. ..."
Meditonsin (wird mit einem homöpathischen Dunstkreis beworben)

Schulmediziner:
"Homöopathie ist völlig unwirksam. Alles Scharlatanerie. Kinder sollten wegen des hohen Alkoholgehaltes die Finger von dem Zeug lassen."
Apotheker:
"Homöopathie ist sinnvoll, natürlich kann damit kein gebrochenes Bein geheilt werden, aber gerade für Kinder ist Homöopathie eine sinnvolle Behandlungsart, denn das Mittel ist gut verträglich und es gibt kaum Nebenwirkungen. Die Selbstheilungskräfte werden angeregt. ... Zur Homöopathie lässt sich sagen, dass es Studien gibt, die die Wirksamkeit sogar bei Tieren belegen."
Vitasprint B 12

Schulmediziner:
"Unsinn, kein gesunder Mensch braucht Nahrungsergänzungsmittel. .."
Apotheker:
"Grundsätzlich sind Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll ... Vitamin und Zink halte ich auf jeden Fall in der Winterzeit für sinnvoll, das stärkt die Abwehrkräfte. Über Vitasprint lässt sich streiten. ...
Viele Menschen nehmen diese sehr teuren Mittel, und selbst wenn sie nur einen Placeboeffekt hätten, wären sie ja nützlich."
Besonders gut gefallen hat uns dieses Statement des Apothekers:
"Ich persönlich nehme auch Vitamine, weil ich in der Apotheke ja ständig Virenbombardements ausgesetzt bin und ich bin selten krank. Vielleicht wäre ich aber auch selten krank, wenn ich sie nicht nehmen würde."
Wir empfehlen dem Apothekerpaar ein Abo dieses Magazins.

Fazit: Nur weil Apotheker weiße Kittel tragen, macht sie das nicht zu (guten) Medizinern. Apotheker leben nicht davon, kranke Menschen zu heilen, sondern Produkte zu vertreiben und zu verkaufen.

Auch wenn (bitte ankreuzen:) manchen/vielen/den meisten Menschen das so ganz und gar nicht klar zu sein scheint.
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hockeystick | 20. Okt 2007, 00:48

Das Fazit könnte fast zu dem Fehlschluss verleiten, (gute) Mediziner würden anders als die Apotheker davon leben, kranke Menschen zu heilen.

Wenn ich obige Formulierung einmal aufgreifen darf: Mediziner leben nicht davon, kranke Menschen zu heilen, sondern davon, die Dienstleistungen Untersuchung und Behandlung (gelegentlich auch Expertenmeinung) zu verkaufen.

Auch wenn (bitte ankreuzen:) manchen/vielen/den meisten Menschen das so ganz und gar nicht klar zu sein scheint.

(Hin und wieder tritt infolge einer durchgeführten Behandlung tatsächlich eine echte Heilung ein, aber das kann auch bei den Apothekern nicht völlig ausgeschlossen werden.)
marcus_ | 20. Okt 2007, 16:01

... aber nur fast, gell? ...

Wir haben und behalten uns ja trotz all der Kritik einen hoffnungvollen, positiven Blick auf die Welt.
mager | 22. Okt 2007, 09:45

Vielschichtig

Das Thema ist vielschichtig: es führt zur Ausbildung der Apotheker, die im Studium zu guten Analytikern im Labor ausgebildet werden, aber wenig zur Wirkung ihrer Medikamente und noch weniger zu Krankheiten lernen - es führt zur Vorurteilen, daß Gesundheitsberufe nur an Krankheiten verdienen und an Heilung kein Interesse haben (hier könnte man zu Prävention http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=56099 abschweifen) und zweifelhaften modernen Gegenmechanismen wie "pay for performance" ( http://mdredux.blogspot.com/2007/09/p4p-and-covert-rationing.html http://www.bmj.com/cgi/content/full/334/7608/0-a?rss=1 )
M.
Frankyy | 12. Jul 2008, 03:06

Apotheker müssen das verstehen, was Ärzte auswendig lernen

Hey danke für den amüsanten Artikel, ich hab mich schlapp gelacht, in echt!
Echt witzig, von "einem Apothekenpaar" auf scheinbar alle Apotheker zu schließen ;-) und interessant wie hier gegen Apotheker geschossen wird, scheint fast als hätte man hier was gegen die approbierten Schubladenzieher!!

Trotdem muss ich euch enttäuschen, ich hoffe ich zerstöre jetzt nicht euer Weltbild oder so, aber die Wahrheit steht schon im Titel: die Experten für Medikamente sind Apotheker. Und natürlich, wie überall gibt es Hornochsen von Apotheker. Aber ein guter Apotheker ist einem guten Arzt in Sachen Pharmakologie WEIT überlegen, weil das nunmal das ist, was die Pillendreher studieren. LEIDER ist nicht nur Analytik das Hauptfach des Pharmazie-Studiums.
Also macht mal halblang, oder informiert euch, was in Apotheken abgeht und welchen verdammten MURKS die Apotheker fast jeden Tag von den Ärzten korrigieren müssen!


Achja, auch wenn (bitte ankreuzen:) manchen/vielen/den meisten Menschen das so ganz und gar nicht klar zu sein scheint.
marcus_ | 19. Jul 2008, 12:02

Natürlich sind Apotheker sicher die besseren ...

Pharmazeuten, da wird ihnen keiner was vor machen. Nur mir scheint, das Apotheker in ständiger Schizophrenie leben, wenn man sich die Auslagen der meisten Apotheken ansieht. Was da verkauft wird, ist in vielen Fällen (den meisten?) auch nicht besser als das, was man in der Kosmetikabteilung oder der Drogerie bekommt. Aber weil es in einer Apotheke verkauft wird, glauben eine Menge Menschen, dass es wirkt (der weiße Kittel). (auch der beliebte Hinweis von Herstellern, das Produkt habe folgende Apothekennummer oder der Hinweis "nur in der Apotheke erhältlich" spielt ja mit dem "Ärzte-Image" der Apotheker.)

Und schließlich: Alle Jahre wieder gibt es die Tests der Stiftung Warentest, bei denen überraschend viele Apotheken in Sachen Beratungsleistung nicht überzeugen.
Frankyy | 27. Jul 2008, 00:24

Gute Zusammenarbeit+Ergänzung=Medizinsche Kompetenz

Wir sind das beste Beispiel dafür-Dickköpfe auf Seiten der Ärzte und auf Seiten der Apotheker. Statt einer Zusammenarbeit dann diese Diskussionen.
Was ist Deine Meinung hierzu:
Ich kann die Angst der Ärzte nicht verstehen-schließlich wird (zurecht) gejammert aufgrund der Überlastung. Und wenn Apotheker ne Blutruckmessung anbieten oder eine Beratung dann wird befürchtet die Apotheker könnten die Arbeit der Ärzte übernehmen (was Apotheker natürlich nie könnten).
Zum anderen. Beispiel Magnesium.
http://www.elternforen.com/thema12164.htm
Bei Aldi handelt es sich um Mg-Carbonat, und in der Apo um Mg-Citrat. Anorganisch vs. organisches Gegenion-
ich nehme an Du weißt was hier besser löslich ist, welches die WEIT bessere Bioverfügbarkeit hat, und leider auch teurer ist. War nur ein Beispiel-die allermeisten Produkte von Apotheke und DM/Aldi usw sind different aufgrund unterschiedlicher Hilfsstoffzusammensetzung-und meistens sind die Zusammensetzungen in der Apo viel hochwertiger-völlig egal welche Farbe der Kittel hat.
Zu Stiftung Warentest. Repräsentativ kann das Testergebnis bei 20 getesteten von 22.000 Apotheken natürlich nicht sein-trotzdem will ich die Sache nicht runterspielen-eher ernst nehmen. Konsequenzen aus diesem Test ziehen, die Qualität der Beratungen verbessern.

Naja. Statt hitzigen polemischen Diskussionen sollten Ärzte und Apotheker vielleicht lernen, die Fähigkeiten des anderen mal zu schätzen, vielleicht öfter zusammenarbeiten (siehe Ausland)-die Patienten würden davon profitieren und so soll es ja sein...

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