Sauerstoff-Bäuerchen


Alarmstufe Rot!  Sie versuchen es ja immer noch. Dabei ist das Thema doch längst durch: Sauerstoff in Mineralwässern.

ActiveO2

Während in Deutschland die ersten Sonnenstrahlen den Frühling erahnen lassen, rast im Adelholzner Active O2 TV-Spot ein olymischer Bobfahrer durch den Eiskanal, um für den Powerstoff mit Sauerstoff zu werben: Wasser, das mit der 15-fachen Menge an "natürlichem Sauerstoff" gegenüber normalem Mineralwasser angereichert ist.

Die Idee dahinter, so der Werbetext auf der Adelholzner-Seite:
"Mit Sauerstoffwasser wird gezielt das sauerstoffarme, venöse Blut angereichert. Der aus dem Wasser gelöste Sauerstoff dringt durch die Magenwand in die Blutgefäße des Bauchraums, welche die inneren Organe der Bauchhöhle, insbesondere die Leber, mit der Extraportion Sauerstoff versorgt. ...

Damit ist Sauerstoff maßgeblich für unsere geistige und körperliche Leistungsfähigkeit verantwortlich."
Gähn.

Wenn wir also mal wieder ermattet und übermüded (Sauerstoff-Mangel!) am Schreibtisch sitzen, hilft uns Sauerstoffwasser die Reserven auszugleichen.

Nochmal Gähn.

Wir verweisen erstens auf folgenden Artikel, den einer unserer Autoren vor fast fünf Jahren recherhiert hatte, damals zum Sauerstoffwasser Oxivit.

Sauerstoff aus dem Wasser über den Magen aufzunehmen, veranlasste damals einen der Experten zu dem Spruch: "Wir sind doch keine Fische."

Und selbst wenn das klappen sollte, gilt nach wie vor folgende Aussage: "Die Konzentration des gelösten Sauerstoffs ist einfach zu niedrig, um physiologisch relevant zu sein." Denn: Schon bei einem einfachen Spaziergang durchströmt stündlich tausendmal mehr Sauerstoff den Körper als er durch die empfohlene Tagesmenge an Sauerstoffwasser über den Magen aufnehmen würde.

Oder andersherum (wie in einem Bericht der Lebensmittelüberwachung Baden-Württemberg im letzten Jahr sehr schön beschrieben):
"Zur Aufnahme der gleichen Sauerstoffmenge, die innerhalb einer Stunde eingeatmet wird, müssten z.B. mehr als 400 Liter "Sauerstoffwasser" mit einem theoretischen Gehalt von 150 mg/l getrunken werden." (Anmerkung von uns: keines der Wässer auf dem Markt hat mehr als 60 mg/l, das macht dann umgerechnet sogar rund 1000 Liter oder 120 Kästen á zwölf 0,7 Liter Falschen.).
Und wer denkt: "Naja, es ist ja wenigstens ein gutes Wasser.", den müssen wir auch enttäuschen. Denn Mineralwasser darf gar nicht mit Sauertstoff angereichert werden, nicht mal bei schnödem Tafelwasser ist das erlaubt, wie man bei der Lebensmittelüberwachung Ba-Wü nachlesen kann.

Unser Tipp: Wer unbedingt eine Extraportion Sauerstoff mit dem Wasser aufnehmen will, der soll beim Trinken von ordinärem Wasser aus dem Wasserhahn einfach ein wenig Luft mitschlucken. Das kommt auf´s selbe raus. Das Problem, das dann entsteht: Bäuerchen. Das kann man natürlich mit "echtem" Sauerstoffwasser einigermaßen umgehen - wenn es denn ein stilles Wasser ist.

Also, stimmt mit uns ein in den großen Chor, der zum Thema Sauerstoffwasser als Leistungssteigerer Firmen wie Adelholzner und Co. schallend entgegen ruft:

Alarmstufe Rot!  !PLAZEBOALARM!

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Neosinos Fortsetzung

Was bisher geschah: hier und hier.

Kurz zusammengefasst wie es zwischen Neosino und Panorama weiterging.

Neosino freut sich über ein Urteil des Langerichtes Hamburg, dass Panoram untersagt bestimmte Dinge über die Neosino Produkte zu behaupten. (Pressemitteilung vom 29. März).

Panorama kontert mit einem Beitrag (der auch als Videostream zu betrachten ist). Dort bestätigt ein Experte das, was uns als Laien auch schon beim Blick auf die Gutachten aufgefallen war: Wenig zu sehen von Nanoteilchen zwischen drei und zehn Nanometern.

Auch spannend: Die Reporter besuchen die Adresse des Herstellers Sanalife in den Niederlanden, aber dort gibt es die Firma gar nicht.

Fazit des Experten, der sich die Gutachten angesehen hat:
"Im Grunde genommen kann man in der Tat sagen, das ist Sand mit ein bisschen Feinstaub darin."
Auf die Frage, ob das gesund sei lacht er und meint:
"Weiß ich nicht."
Wir würden aber gerne gerne wissen, ob das wirkt, denn auf der Neosino-Pressekonferenz meinte der Gründer und Vorstandsvorsitzende Edmund Krix:
"Nanotechnologie ist überall drin. Aber wir erhöhen einfach die Prozentzahl der Nanoteilchen, die da sind, um dafür neue oder bessere Wirkung zu erzielen."
Können Sie uns das bitte mal belegen, Herr Krix?

Wir haben einfach mal eine E-Mail an Neosino Nanotechnologies geschickt. Mal sehen was zurückkommt.

Demnächst mehr, hier bei !PLAZEBOALARM!
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Ermittlungen gegen FC Bayerns Leistungsförderer

Das könnte eng werden für die Neosino AG, den Hersteller der Neosino Produkte, die angeblich mit Nanomineralien ihre Wirkung entfalten.

Die Deutsche Presse Agentur meldet heute, dass gegen Neosino durch die Staatsanwaltschaft Darmstadt ermittelt wird (kein Link, weil wir heute mal die Allerersten sind, die darauf verweisen).
"Anlass seien Medienberichte und eine anonyme Anzeige gewesen; der Vorwurf laute auf Kapitalanlagebetrug, sagte ein Sprecher der Behörde am Dienstag ... ."
Die Neosino AG war im Januar an die Börse gegangen.

Das Gesundheitsmagazin Gute Pillen - Schlechte Pillen hatte letztes Jahr bereits auf die Nanomineral-Connection von Neosino, FC Bayern und DSB hingewiesen.

Das TV-Magazin Panorama hatte zuletzt berichtet, dass die Nanomineralien nicht mal so klein seien wie auf der Packung versprochen. Das hatte eine einfach Untersuchung unter dem Mikroskop eines Max-Planck-Forschers ergeben. Neosino widersprach dem Vorwurf (Pressemitteilung vom 10. März, auf der neosino-Hompage unter Pressemitteilungen).

(Was uns auffällt: Der Link zu den Neosino-Gutachten über die Größe der Inhaltsstoffe in der Rubrik "Informatives" auf der Homepage ist derzeit inaktiv.) (inzwischen schon, siehe Nachtrag)

Neosino wirbt vor allem damit, dass der FC Bayern München die Mittel verwende. Der Deutsche Sportbund (DSB) empfiehlt die Produkte, was Neosino mit einem Emblem auch jedem mitteilt.

Der Beleg einer Wirksamkeit beschränkte sich bisher vor allem auf Erfahrungsberichte des Sportarztes des FC Bayern München Müller-Wohlfahrt, der aber in bezahlten Diensten der Firma steht.

Nachtrag:

Die Neosino AG schlägt gleich heute mit mehreren Gutachten zurück. Ihre Produkte enthielten sehr wohl Mineralien im Nanometer-Bereich, wie Sie auf einer Pressekonferenz bekannt gab (Pressemitteilung vom 28. März auf der neosino-Homepage unter Pressemitteilungen).

Gleichzeitig wirft Sie dem Experten des Panorama-Berichtes vor, nicht neutral zu sein.
"Der von Panorama als Gutachter beauftragte Prof. Dr. Markus Antonietti ist gemäß öffentlicher Quellen zudem Gesellschafter der Oxidion GmbH i.G., die sich mit der Produktentwicklung und Herstellung von Nanopartikeln befasst ..."
Wir sind gespannt wie Panorama reagiert.

... und weisen nur noch mal darauf hin, dass es bisher unseres Wissens nach keinen wissenschaftlich unabhängigen Beleg für die Wirksamkeit der Mittel gibt.

Nachtrag 2:

Nach einem ersten Blick in die Gutachten fällt uns auf:

Es gibt zwar die Aussagen "Ja, es gibt Teilchen im Nanometerbereich." Aber in einem Gutachten fanden sich keine Teilchen eindeutig unter zehn Nanometer. Nicht dass wir Haarspaltereien betreiben wollten, aber laut Panorama steht auf den Neosino-Produkten due Teilchen wären zwischen 3 und 10 Nanometer groß.

In einem anderen Gutachten taucht bei einigen Produkten immer wieder der Hinweis auf, dass mineralische Strukturen optisch nicht nachweisbar seien. Auch gibt es die Aussagen, dass nur wenige Teilchen unter zehn Nanometer zu sehen wären.

Das fiel uns nur beim Blick auf die Schnelle auf. Jetzt ist Panorama dran.

Wie die Bayer AG zur Neosino AG steht würden wir natürlich auch gerne wissen. Von Bayer stammt eines der Gutachten.
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Deutsche, wir Intelligenzbestien

Ja, ist gut, komm ... Das war doch klar, dass die Meldung alle bringen würden/werden: Deutsche sind die intelligentesten Europäer (zusammen mit den Niederländern).

Wenn das mal stimmen würde, dass die Deutschen in Europa die intelligentesten sind. Dann würde wohl auch niemand die Meldung ernst nehmen und einfach so ohne Kommentar verbreiten.

Die Deutschen hätten in Europa den höchsten IQ, sagt Richard Lynn. Die nordischen nordeuropäischen Völker seien insgesamt klüger, weil sie aufgrund des kalten Klimas größere Gehirne entwickelt hätten (mehr Fleisch essen usw.). Der Ursprungsartikel stammt aus der englischen Times.

Was uns zuerst stutzig macht: Irgendwie gibt es gar keinen Hinweis auf ein Fachmagazin, in dem das Ergebnis begutachtet wurde.

Also schnell heute morgen eine Mail an Herrn Lynn: "May you please so kind ..." (Wären Sie bitte so freundlich ...).

Und er antwort auch prompt: "Das Ergebnis stammt aus meinem neuen Buch Race Differences in Intelligence-An Evolutionary Analysis." Oh, hat also keiner begutachtet, es wurde nicht in einem Fachmagazin veröffentlicht? "Richtig", mailt Herr Lynn zurück, "aber das Buch fasst mehr als 500 Artikel zusammen, die ich in begutachteten Fachzeitschriften veröffenlicht habe."

Ah, ja. Moment, eine wie die vom letzten Jahr? Da hatte er Schlagzeilen gemacht, dass Männer intelligenter wären als Frauen, weil sie eben ein größeres Gehirn hätten. Wir hatten mal ein paar Experten dazu befragt (allerdings nichts dazu geschrieben).

Es handelte sich um eine Übersichtsarbeit, in der Lynn und sein Kollege Paul Irving alle Studien zum Thema zusammenfasst und ein Fazit zieht.

Wirklich ernst nehmen sollte man die Studie nicht, so das Fazit der von uns befragten. Das Problem war: Aller Erfahrung nach wurden zu dem Thema vor allem nur solche Studien veröffentlcht, die tatsächlich einen Unterschied finden, die anderen bleiben in der Schublade. Dadurch entsteht eine Verzerrung, ein Bias, der nur wiedergibt, was veröffentlicht wurde und nicht wie das wahre Verhältnis von Hirngröße und Intelligenz ist.

Goeran Kauermann vom Statistischen Beratungsdienst statbece der Uni Bielefeld hatte neben diesem Punkt auch noch eine ganze Reihe methodischer Mängel zu monieren.

Sein Fazit damals.
"Ich halte das Paper für wenig beeindruckend. Oder anders ausgedrückt, auch wenn ich kein Dickschädel wäre, würde ich mir dennoch keine Sorgen um meine Intelligenz machen."
Lynn relativiert sein Ergebnis übrigens:
"Die englischen Presseberichte geben nur die IQs für Erwachsene wieder. ... Wenn man die IQs der Kinder dazu rechnet, ist er in Deutschland etwa genau so hoch wie in den anderen Ländern in West-Europa."
Hey, nur weil jemand was in einem Buch schreibt, muss man es doch nicht gleich überall hinaus posaunen. Auch wenn es uns noch so schmeichelt.

Warum wir jetzt während des Schreibens immer an den Begriff Herrenrasse denken mussten, können wir auch nicht sagen.
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FC Bayern und seine Leistungsverstärker

Okay, jetzt hängt es an der großen Glocke, wir ärgern uns, dass wir uns nicht direkt an die Recherche begeben haben im letzten Jahr, aber so bekommt es wenigstens Breitenwirkung: Wovon wir reden? Von Neosino und dem FC Bayern.

Kurz: Die Nahrungsergänzungsmittel mit Namen Neosino haben einen Empfehlungsstempel vom Deutschen Sportbund und werden angeblich von den Profis des FC Bayern München genutzt. Physiotherapeut Müller-Wohlfarth erklärt, dass die Bayern Stars durch Neosino viel weniger Muskelverletzungen hätten.

Das ARD-Magazin Panorama hat am Donnerstagabend darüber berichtet. Heute macht es auch nochmal Spiegel Online. Ein Max-Planck-Forscher hat die Größe der Pulverpartikel untersucht, weil Neosino angeblich Partikel im Nanometerbereich enthält. Das soll die Aufnahme im Körper erleichtern. Der Max-Planck-Forscher hat sie unter´m Mikroskop vermessen. Fehlanzeige. Sind viel größer.

Bisher hat noch niemand nach Untersuchungen gefragt, die die Wirkung der Mittel belegen. Müller-Wohlfahrts Aussagen in allen Ehren: Er hat einen Beratervertrag mit der Neosino-Firma. Und es gibt noch weitere Verbandelungen untereinander. In Köln nennt man das Klüngel.

Die Neosino AG ist sauer, logisch, sind ja gerade erst and die Börse.

Dass das Mittel den Bayern angesichts der blamablen Leistung gegen Mailand auch nichts hilft, den Gag sparen wir uns jetzt aber ...

Auf eines wollen wir aber hinweisen: Die Ersten, die auf diese eigenartige Verbandelung von Wirtschaft, Fußball und Nahrungsergänzungsmittel-Hersteller hingewiesen haben waren (nein, leider nicht wir, sondern..) die Jungs und Mädels von Gute Pillen-Schlechte Pillen (bzw. vom arznei-telegramm) und zwar schon im vergangenen Jahr.

Da sie aber noch nicht in so großer Auflage erscheinen, haben es wohl nur ein paar Journalisten mitbekommen.

Ehre wem Ehre gebührt.

Gentlemen! Eure Gläser.
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Frauenzeitschriften sind ein Paradies

Das ist uns ja jetzt erst aufgefallen.

Frauenzeitschriften sind ein Paradies für Menschen wie wir es sind, ständig auf der Suche nach scheinwissenschaftlichen Erklärungsmustern und Belegen. Dass uns das erst jetzt auffällt, liegt natürlich daran, dass wir schlicht nicht zur Zielgruppe von Frauenzeitschriften gehören.

Frauenzeitschriften sind ja gespickt mit Anzeigen für Produkte, die ihre propagierte Wirksamkeit mit (Schein-)Wissenschaft belegen.

Allein in der aktuellen Brigitte gibt es gleich sechs Werbeseiten, in denen die Wirksamkeit von was auch immer mit Umfragen und klinischen Studien oder Aussagen von 'Wissenschaftlern' belegt werden.

Auch einen alten Bekannten finden wir da: Prof. Klenk aus der Alpecin-Werbung für das Coffein-Haarwaschmittel gegen Haarausfall. Diesmal unterstreicht er die Wirksamkeit eines Haarwaschmittels namens Plantur 39 speziell für Frauen in den Wechseljahren.

Da müssen wir natürlich nochmal nachfragen, demnächst. Und wen wir uns besonders anschauen wollen: Die erste "neutrale, wissenschaftliche Studie", die beweist, dass Staatlich Fachingen Mineralwasser die Haut schöner macht: praller, elastischer und frischer.

Wir gehen da natürlich ganz unvoreingenommen ran (Nein, kein Ironie-Smiley).

Demnächst mehr, hier bei !PLAZEBOALARM!

P.S. Mal sehen was es sonst noch in anderen Frauenzeitschriften zu finden gibt. Und überhaupt: Es gibt ja jetzt auch Männerzeitschriften. Was mag da wohl so alles "wissenschaftlich bewiesen" werden?
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