Diverses

Schulterklopfen zum Jahresbeginn

Ein frohes Neues wünschen wir. Da sind wir wieder. Und klopfen uns erstmal auf die Schulter.

Hwang

Hatten wir es nicht gesagt? Muss man nicht vorsichtig sein mit wissenschaftlichen Ergebnissen, zumal mit Durchbrüchen? Hatten wir nicht darauf verwiesen, dass das eigentlich immer falsch läuft, weil nach einer wissenschaftlichen Veröffentlichung der wissenschaftliche Prozess erst abgeschlossen ist, wenn die Ergebnisse von anderen unabhängigen Wissenschaftlern bestätigt werden?

Medien und Fachzeitschriften halten sich natürlich nicht dran, weil es sonst ja ein wenig langweilig wäre, aber es soll keiner sagen, es hätte niemand gewusst. Jetzt ist er groß der Katzenjammer.

Aber uns Pingeligkeit vorwerfen. Was? Hat keiner gemacht? Aber gedacht, gedacht habt ihr´s, werte Leser. Jetzt tut nicht so.

Wo von wir reden?

Na, davon, von Woo Suk Hwangs Klon-Stammzell-Desaster während unserer Abwesenheit und unserem Hinweis – ja schon damals – dass man vorsichtig sein muss.

Nicht, das wir das geahnt hätten, aber – nächstes Mal, vorsichtig sein.

Und ab morgen wieder Handfestes. Genug der Selbstbeweihräucherung.

2006 wir kommen!
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Vogelgrippe formerly known as …


"Vogelgrippe in Europa angekommen"

"Geflügelpest in Europa angekommen"

Spüren Sie den Unterschied?

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!PLAZEBOALARM EXKLUSIV!

Wie uns soeben mitgeteilt wurde, haben sich alle Beteiligten des Informationsprozesses im Zusammenhang mit der ‚Vogelgrippe’ (aviäre Influenza) darauf geeinigt, ab sofort den Begriff Vogelgrippe bis auf weiteres nicht mehr zu verwenden.

Stattdessen erklären die Unterzeichner der Bekanntmachung (liegt Plazeboalarm vor) wieder verstärkt den weniger präzisen Begriff der Geflügelpest nutzen zu wollen. In der Vergangenheit war dieser Begriff häufiger verwendet worden, um über die Grippeerkrankung bei Vögeln zu berichten.

Alle Beteiligten hoffen damit, wie Plazeboalarm aus Fachkreisen erfuhr,„verbales Öl aus dem Feuer der Berichterstattung zu nehmen“, und „Besonnenheit und Ruhe in den Prozess der Informationsvermittlung von den Experten über die Journalisten zur breiten Öffentlichkeit einkehren zu lassen“.

Im Folgenden die Erklärung im Wortlaut:
Bekanntmachung

Hiermit geben wir, die Beteiligten am Informationsprozess im Zusammenhang mit der Vogelgrippe (aviäre Influenza), bekannt, dass wir den Begriff VOGELGRIPPE künftig wieder durch den Begriff GEFLÜGELPEST ersetzen werden. Offenbar ist die Macht des Wortes doch größer als alle Beteiligten bisher vermutet hatten.

Da die Berichterstattung über die GEFLÜGELPEST aka VOGELGRIPPE die Menschen offensichtlich mehr verwirrt als informiert hat, sehen wir uns zu diesem Schritt gezwungen, obwohl der Begriff GEFLÜGELPEST die nahe Verwandtschaft von animalem und humanem Grippeerreger in keiner Weise widerspiegelt.

Wir bedauern, dass wir Teile der Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt haben, was dazu führte, dass der Umsatz des Pharma-Konzerns Roche unbegründeterweise massiv zugenommen hat. Viele Menschen verlangen in Apotheken das antivirale Mittel Tamiflu (Roche), weil es das einzige Mittel sein soll, das gegen VOGELGRIPPE aka GEFLÜGELPEST schützt. Die Ansteckung mit diesem Virus ist allerdings sehr unwahrscheinlich.

Zu einem späteren Zeitpunkt werden wir beraten, ob wir zur bisherigen Nomenklatur zurückkehren und die GEFLÜGELPEST wieder als VOGELGRIPPE bezeichnen werden.

Gez.

Die Beteiligten am Informationsprozess im Zusammenhang mit der ‚Vogelgrippe’

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Verdammtes n-tv ...

... verdammt, verdammt, verdammt. Es sind die Kleinigkeiten, die entscheidend sind:

Sagt der n-tv Kollege am Ende eines Vogelgrippe-Beitrages:

"Und der Super-GAU wäre, wenn das Vogelgrippe-Virus auf den Menschen übergeht ..."

Mensch, Kollege, das macht es doch längst, sonst gäbe es doch keine 60 Toten in Asien.

Aber ein Laie hört genau Deinen Satz und hört demnächst:
Ein Mensch starb an der Vogelgrippe.

Genau das passiert aber immer wieder, wenn ein Geflügelzüchter oder ein Tierarzt einmal zu oft zu engen Kontakt mit infiziertem Federvieh hatte.

Und der denkt: "Mein Gott, der Super-GAU."

Und da gibt es jetzt schon Menschen, die gehen zum Arzt und wollen ein Mittel gegen Vogelgrippe ...

Da läuft was falsch in der Berichterstattung, verdammt, verdammt, verdammt.

Anmerkung:
Journalisten, die den Begriff Super-GAU verwenden, sind verdächtig (aus professioneller Sicht). Damit das mal klar ist.
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Vogelgrippe ist …

Kinder, hallo, aufpassen jetzt. Weil wir das Gefühl haben, es ist noch immer nicht ganz richtig verstanden. Für alle noch mal!

Bis morgen bitte zehn Mal zu Hause ins Heft schreiben:

Vogelgrippe ist eine Tierseuche
Vogelgrippe ist eine Tierseuche
Vogelgrippe ist eine Tierseuche
Vogelgrippe ist eine Tierseuche
Vogelgrippe ist eine Tierseuche
Vogelgrippe ist eine Tierseuche
Vogelgrippe ist eine Tierseuche
Vogelgrippe ist eine Tierseuche
Vogelgrippe ist eine Tierseuche
Vogelgrippe ist eine Tierseuche
Vogelgrippe ist eine Tierseuche

Und bitte, wir fragen das morgen ab. Also, kommt mir keiner, er hätte das irgendwie vergessen oder falsch in der Zeitung oder sonst wo gelesen.

('sonst wo' ist ja auch einer dieser Begriffe, den man erfinden müsste, wenn es ihn nicht gäbe, oder?)
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Ein Journalist fragt einen Experten …


Wie entstehen Gesundheitstipps in so manchen TV-Sendungen?

Ein Journalist fragt einen Experten – und die Marketingabteilung und eine PR-Firma (meist gut zu erkennen am Begriff ‚Kommunikation’ in der näheren Bezeichnung) und eine Pharmafirma (ja Klosterfrau, Spitzner und Lichtwer wir wissen, wie ihr das macht).

Den Experten befragt der ‚Journalist’ eigentlich erst am Schluss, so wie es aussieht.

Klaus Ott erklärt uns das heute in der SZ ausführlich. Respekt für Ott, yoh, und einen Kübel Schande für den TV-‘Journalisten‘ A. (Bitte Berufsbezeichnung auf der ‚Karte’ von ‚Journalist’ in ‚Abteilung für PR und Kommunikation’ ändern).

Und für unsere Journalistenklasse:

Regel 32 in Kleines Handbuch für den Journalisten: Mit was lässt sich das Verhältnis von PR zu Journalismus vergleichen?

Antwort beim Netzwerk Recherche (pdf). Ist auch für Nicht-Journalisten wichtig zu wissen, ihr Leser und Radio-Hörer und TV-Gucker da draußen.

Und: Ja, wir sind heute moralisch anspruchsvoll.

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Ein Journalist fragt einen Experten …

Wie entstehen Gesundheitsempfehlungen in TV-Sendungen? Ein Journalist fragt einen Experten – und die Marketingabteilung und eine PR-Firma (meist gut zu erkennen am Begriff ‚Kommunikation’ in der näheren Bezeichnung) und eine Pharmafirma (ja Klosterfrau, Spitzner und Lichtwer wir wissen, wie ihr das macht).

Den Experten befragt der ‚Journalist’ eigentlich erst am Schluss, so wie es aussieht.

Klaus Ott erklärt uns das heute in der SZ ausführlich. Respekt für Ott, yo, und einen Kübel Schande für den TV-‘Journalisten‘ A. (Bitte Berufsbezeichnung auf der ‚Karte’ von ‚Journalist’ in ‚Abteilung für PR und Kommunikation’ umbenennen).

Und für unsere Journalistenklasse:

Regel 32 in Kleines Handbuch für den Journalisten: Mit was lässt sich das Verhältnis von PR zu Journalismus vergleichen?

Antwort beim Netzwerk Recherche (pdf). Ist auch für Nicht-Journalisten wichtig zu wissen, ihr Leser und Radio-Hörer und TV-Gucker da draußen.
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Halt finden vor heraufdämmernden Katastrophen

Es gibt so ein paar Lieblingsseiten, die wir immer wieder gerne ansteuern. Dazu gehört neben Ben Goldacres Bad Science-Kolumne im Guardian, Rob Lyons´ Don´t panic in spiked.

Diesmal (d.h. eigentlich am 1. September) war Lyons´ derjenige, der all denen den Kopf gerade rückte, die wiederholt über die Pandemie-Gefahr der Vogelgrippe schreiben. Genauer: Über die Möglichkeit einer weltweiten Epidemie eines neuen Virus´, das entstehen könnte, wenn sich das Vogelgrippe-Virus H5N1 und eines der menschlichen Grippe-Viren irgendwie zu einem neuen Supergrippe-Virus vereinen.

Um dem besorgten Leser angesichts der prophezeiten Bedrohung eine Stütze zu sein und ihm etwas an die Hand zu geben, das ihm vielleicht über die Zeit bringt, möchten wir an den folgenden Satz des aus dem westfälischen Paderborn stammenden Rüdiger Hoffman erinnern:

Das kann passieren, muss aber nicht.

Und der andere schöne Spruch unbekannter Herkunft, der dazu (da wir von Vogelgrippe sprechen) eigentlich noch besser passt, lautet:

Mach dir keinen Kopf über ungelegte Eier.

Und der Hinweis auf die Spanische Grippe von 1918, die X Millionen Tode forderte: geschenkt.

Dass damals die Körper und Seelen der Menschen durch den 1. Weltkrieg bis auf´s Mark geschunden waren, die Bedingungen für ein Virus also geradezu ideal und mit heute kaum zu vergleichen, das schreibt nie jemand.

In diesem Sinne: Don´t panic

Danke Rob.

… Könnte eigentlich eines der Schnupfen-Viren und das Aids-Virus …? Nö, oder?
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Instanzendilemma

Wer sich über Medikamente und Therapien informieren will, muss erstmal die Spreu vom Weizen trennen: Welche Informationsquellen sind nicht von Pharmafirmen unterwandert? Es braucht einige Übung, aber mit der Zeit finden sich ein paar. (Wir werden in einem späteren Beitrag mal darauf eingehen, wie man die findet.)

Irgendwann landet man auch bei folgenden zwei unabhängigen und verlässlichen Quellen: Der Cochrane Library und dem arznei-telegramm. Der Rat suchende ist im Allgemeinen so froh, diese beiden zu kennen, dass er sie als letzte Instanzen betrachtet. „Wenn die das sagen, stimmt das auch. Für die leg´ ich meine Hand ins Feuer." Ja, wir auch.

Dass man damit auch auf der Nase landen kann, stellten wir kürzlich fest. Wie das? Seht selbst.

Wer endgültig etwas gegen seinen Heuschnupfen tun möchte, dem bleibt eigentlich nur die so genannte subkutane Hyposensibilisierung: Drei Jahre lang im Herbst/Winter jede Woche eine Spritze mit dem Allergen verpassen lassen (auf die Gefahr hin, dass es nicht klappt).

Eine (recht neue) Alternative könnte die sublinguale Hyposensibilisierung sein: Statt Spritze bekommt man ein Bonbon, das unter der Zunge zergeht. Und? Wirkt es? Wie ist die Studienlage? Mal sehen was Cochrane schreibt.

„Symptome werden gelindert“. Na, das hört sich doch gut an. Ob es besser oder schlechter wirkt als die Spritzentherapie, können die Gutachter mangels Vergleichsstudien nicht sagen. Na gut, Hauptsache es wirkt.

Und was schreibt das arznei-telegramm in seiner aktuellen Ausgabe (leider nur für Abonnenten)? Es gebe keine methodisch guten Studien, die eine Wirksamkeit belegen. Ergo: „Wir raten ab.“

Verdammt. Und jetzt?

Was macht man, wenn die letzten Instanzen sich widersprechen?
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Ein Krümmel Strahlung

Die Diskussion um Leukämieerkrankungen durch elektrische Felder in der Nähe von Hochspannungsmasten brachte uns die Erkenntnis, dass es wirklich schwierig ist, kleine Risiken durch wissenschaftliche Methoden vom Zufall zu unterscheiden.

Eine Geschichte, die das an einem ganz konkreten Fall konzentriert, sind die Leukämiefälle in der Umgebung des Kernkraftwerkes Krümmel.

Im Deutschlandfunk hat dies Dagmar Röhrlich in einem eindrucksvollen Feature zusammengefasst. In welche Richtung ihr Beitrag zielt, sagt schon der Untertitel: Die vergebliche Suche nach einer Antwort.

Ein unklarer Fall, der zeigt, wo Wissenschaft an seine Grenzen kommt, nicht nur aus rein methodischen Gründen, sondern auch, weil Wissenschaftler nur Menschen sind.

Das Manuskript findet sich hier, ein mp3-Stream hier, die Flash-Version hier.
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aktualisiert: 12. Dez, 12:22
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