Vorsicht Experten

Wes Brot ich ess ...

Und noch ein Beitrag, der belegt, dass das Ergebnis einer wissenschftlichen Studie durchaus davon abhängt, wer "den Deckel bezahlt". (Hier geht´s zur Zusammenfassung des Original-Beitrags.)

Wir hatten da kürzlich erst wieder darauf verwiesen.

Und die Jungs vom unabhängigen arznei-telegramm machen auch gerade wieder darauf aufmerksam.

"Da öffentliches Geld knapp ist, werden immer mehr Studien von Arzneimittelfirmen finanziert", bringen sie die Misere auf den Punkt.

Wir dokumentieren, was das arznei-telegramm im Artikel: Editorials, Studien, Leitlinien ... Wie firmenlastig dürfen sie sein? in der aktuellen Ausgabe fordert (Vorsicht, ist etwas sperrig):
"Effektive Maßnahmen müssen entwickelt werden, wie die Interessen des Gemeinwohls an der optimalen und bezahlbaren Therapie und Vorbeugung von Krankheiten vor den finanziell motivierten Strategien von Privatpersonen udn Firmen geschützt werden können. Absolute Transparenz und Deklaration aller Interessenkonflikte tragen hierzu bei. Auch gilt es, sonstige Einflussfaktoren und Erkenntnislücken - beispielsweise bei der Bearbeitung von Leitlinien - systematisch zu erfassen.

Hersteller-unabhängige Forschung muss verstärkt gefördert werden. Der Schwerpunkt sollte dabei auf Forschungszielen liegen, die Firmen vernachlässigen. Hierzu gehören sytematische Vergleiche von neueren Arzmeimitteln mit bewährten und preiswerteren älteren, von verschiedenen Behandlungsstrategien untereinander sowie die Erforschung von Interventionen, die nicht patentierbar sind."
Okay, da geben wir Euch jetzt natürlich ein bisschen Zeit, das muss erst mal sacken; nochmal durchlesen und überlegen, was die kritischen Ärzt und Apotheker eigentlich genau meinen.

Und dann bitte als Hausaufgabe: Eine kurze allgemeinverständliche Zusammenfassung, die uns in der Umkehrung dieser beiden Forderungen erklärt, was also offensichtlich zurzeit nicht so gut läuft.
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Das Syndrom in ihrer Stadt

Hier noch ein kleiner Nachzieher zu dieser Disease mongering-Geschichte, also dem Ausweiten der Krankheits- und Verkaufszone durch Pharmafirmen.

Das Restless-legs-Syndrom, zu deutsch Unruhige Beine, wird derzeit per Bus in der Republik bekannt gemacht.

Kollegin Astrid Viciano nutzt die Gelegenheit, um auf Zeit.de nochmal darauf hinzuweisen, wie die Zahlen der Betroffenen sich mit den Jahren vergrößerten, ohne dass jemand hinterfragte, wie diese Zahlen zustande kamen.

Wir verweisen zum Thema "Angebliche Häufigkeit einer Krankheit in der Bevökerung" immer wieder gerne auf diesen Artikel eines unserer Autoren.

Wer also den Bus sieht, kann ja mal vorbei schauen, um uns darüber zu berichten, wie über Unruhige Beine aufgeklärt wird.
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Klimaklare Wandelansage

Das Problem des kommenden und/oder schon begonnenen Klimawandels ist ja, dass man nicht so genau weiß, wie er so ausfallen wird.

Das nervt den Laien, weil der gerne klare Ansagen hat. Wissenschaftler tun sich bei solchen Vorhersagen ein bisschen schwer. Aber deswegen sind es ja eben Wissenschaftler und keine Horoskoschreiber oder Anverwandte.

Mit Überaschung lasen auch wir dann den Bericht des Spiegels (bei Spiegel Online) "Fieberkurve der Nation" über eine Studie von Max-Planck-Forschern, die den Klimawandel für Deutschland (Achtung jetzt) "für jede Stunde bis ins Jahr 2100" errechnet haben. Und das bis auf Kreisklassen-Ebene.

Mutig. Das ist die erhoffte klare Ansage.

Wem das jetzt aber zu klar angesagt erscheint und nebenbei sein Bild von Wissenschaft untergräbt, den können wir beruhigen. Die Süddeutschen Zeitung hat genug Wissenschaftler gefunden, die da doch ein paar Einwände haben. So einfach ist das ja nun auch nicht.

Ja, so ist es, lieber Leser, einfach ist es leider nie.

(Also zumindest mit den Vorhersagen .... Mit ein bisschen Übung ist von vielen anderen Dingen doch klar, was davon zu halten ist, auch wenn es so wissenschaftlich daher kommt, wie zum Beispiel hier oder hier.

Und wer noch nicht so sicher ist, der verfolge uns fleißig weiter. Die anderen natürlich auch.
)

In diesem Sinne, bleibt skeptisch.
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Titel, Titel, Titel

Wem es vielleicht aufgefallen ist, hat gemerkt, dass wir es hier bei Plazeboalarm nicht so haben mit dem Nennen von Titeln, die es in der Wissenschaft ja reichlich gibt. Bei uns heißt es Herr oder Frau XY, und nicht Herr Dr. SoUndSo oder Frau Prof. Dr. TiteliTü.

Was sollte das auch bringen? Der Titel ist ja keine Garantie dafür, dass das, was diese Person (ein vermeintlicher Experte) sagt oder macht, richtig ist. Auch wenn viele PR-Abteilungen versuchen, Laien und Journalisten damit zu beeindrucken.

Uns ist sowas immer ein wenig suspekt. Wir können es aber auch verstehen, wenn die PR-Kollegen die Titel nennen, sonst gibt es ja vielleicht einen auf den Deckel. Und dass Marketingabteilungen auf jedes Mittel setzen, um Laien zu benebeln, versteht sich von selbst.

Machmal übertreiben sie´s aber auch, wie zum Beispiel im Fall von Neosino, über die wir ja schon berichteten (Nanomineralien und der FC Bayern München).

In einer Pressemitteilung vom 13. April zeigt sich die Presseabteilung besonders devot gegenüber einem Herrn Bergmeister, dem Technischen Direktor der Brennerautobahn.

Der hat einiges studiert in seinem Leben, und die Neosino-PR-Menschen sahen sich wohl genötigt, dass auch zum Ausdruck zu bringen.

Sein voller Name mit allen Titeln lautet (bitte festhalten):

Univ. Prof. Dipl. Ing. Dr. phil. et Dr. techn. Konrad Bergmeister

Lieber Herr Bergmeister, bei allem Respekt, Sie haben da ja wohl nicht darauf bestanden, oder?

Wir wollten Euch das nicht vorenthalten.

Nachtrag:
Außer Neosino hat es bisher wohl noch niemand für nötig gehalten, diese Titel-Latte zu nennen, wenn man Google glauben kann.

Nachtrag 2:
Upps. Die Jungs von Neosino haben offensichtlich ein O. vergessen, wie ein Blick auf die Universitätshomepage des Herrn Bergmeister verrät.
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Passivraucher sterben nicht an BSE

Passivrauchen tötet Menschen. Seit gestern wissen wir es auch ganz genau: Rund 3300 Nichtraucher sterben jährlich in Deutschland, weil sie den Rauch der Glimmstängel einatmen (müssen).

Forscher der Unis Münster und Heidelberg haben das laut einer Pressemitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) errechnet (es wurde auch gerne darüber berichtet z. B. hier und hier).

Um dem Laien (und den Medienvertretern) eine Einschätzung zu geben, wie gefährlich Passivrauchen ist, griffen sie zu folgendem Vergleich:
"An den Folgen des Passivrauchens versterben [ ...] mehr (Menschen) als gegenwärtig pro Jahr in Deutschland durch illegale Drogen, Asbest, BSE und SARS zusammen".
BSE ? SARS ?

Ist BSE nicht die Rinderseuche? Sollte wahrscheinlich Creutzfeld-Jakob heißen, oder? Und SARS, ist da jemand in Deutschland dran verstorben? Wie viele waren das noch? Kommt, Leute!

Anfrage an die Pressesprecherin des DKFZ, Frau Rautenstrauch, ob es sich dabei um einen Fehler handelt? Prompte Antwort:
"Dieser Formulierung wurde von den Epidemiologen im Vorfeld stark diskutiert. Die Formulierung wurde als bewusste Provokation gewählt (hier sind ja sehr unterschiedliche Dinge in einen Topf geworfen), um deutlich zu machen, wie unverhältnismäßig die Kommunikation zu Risiken in Deutschland im Verhältnis zu den echten Risiken erfolgt."
Ah, jetzt. Die Wissenschaftler wollten uns darauf hinweisen, dass sie den Medienwirbel um BSE und SARS für völlig überzogen halten im Vergleich zum Risiko an diesen Erkrankungen zu sterben und vor allem im Vergleich zur Berichterstattung über das Risiko am Passivrauchen zu sterben.

Okay. Jetzt haben wir´s.

Na, sie haben wenigstens drüber diskutiert.

Nachtrag:
(Manchmal braucht man ja ein bisschen Zeit, bis man ein Problem wirklich durchdrungen hat.)

Der Punkt ist eigentlich, dass Wissenschaftler uns Journalisten häufig vorwerfen, wir würden Zusammenhänge zu verkürzt darstellen.

Das gelingt offenbar auch Wissenschaftlern hin und wieder …

Nachtrag 2:
Das findet sich übrigens nicht nur in der Pressemitteilung, sondern auch in der eigentlichen Publikation (pdf). Erklärt wird es dort auch nicht.
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