Länger leben mit oder wegen mehr Rente?

In Wissenschaftsmeldungen wird selten berichtet, mit welcher statistischen Methode ein Ergebnis zustande kam.

Dabei wäre es machmal schon wichtig.

Denn immer wieder ziehen auch Wissenschaftler Schlüsse aus Ergebnissen, die eigentlich nicht zulässig sind.

Gut, wenn der Autor das dann auch erwähnt.

Wie hier im Beitrag von Stefan Schmitt, der für Spiegel Online eine dpa-Meldung aufbereitet hat.

Denken Sie mal über folgende Aussage nach, bevor Sie zum Artikel klicken:

Männer mit mehr Rente leben länger


Einfach nur mit mehr Rente länger leben oder wegen/aufgrund ...?

So und jetzt zum Beitrag.

Was uns auch gefällt: Der Hinweis, dass die Wissenschaftler die Ergebnisse erst auf einer Tagung präsentieren, aber noch nicht in einem Fachmagazin veröffentlicht haben, in dem es von anderen Wissenschaftlern begutachtet wurde (dem Peer Review Prozess).

Das ist auch ein Kriterium, wenn man herausfinden will, ob ein Ergebnis Hand und Fuß hat.
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Apfel und Birnen Propaganda

Ob das der Sache dient? Das DIW hatte in einer Studie herausgefunden, dass der Anteil der kinderlosen Akademikerinnen in Deutschland nicht so hoch ist wie er in der Diskussion immer berichtet wurde (siehe einen Beitrag tiefer).

Die WELT hatte das schon am Freitag gemeldet, und uns war die Diskrepanz zwischen Pressemitteilung des DIW und der Meldung aufgefallen. (laut DIW weniger als 30 Prozent kinderlose Akedemikerinnen, laut WELT weniger als 25 Prozent)

Am Samstag berichtet die FAZ sogar auf der Titelseite darüber (25 Prozent der Akademikerinnen bleiben kinderlos) und knallt noch einen Kommentar dazu mit dem Aufschrei "Propaganda".

Das Problem: Wie man sieht, steigt auch die FAZ auf die 25 Prozent ein.

Das DIW hatte aber mit Bedacht nur die 30 Prozent genannt. Denn in dieser Zahl sind die Akademikerinnen nicht enthalten, die ihren Abschluss in der DDR gemacht haben. Dort waren die Bedingungen aber deutlich besser anders als in der BRD heute.

Deshalb, so das DIW:
Vor dem Hintergrund dieser Besonderheiten macht es Sinn, Akademikerinnen mit Migrationshintergrund und mit Abschlüssen aus der DDR bei der Betrachtung auszuklammern und das Geburtenverhalten von Hochschulabsolventinnen aus Westdeutschland gesondert zu analysieren.
Von daher stimmt zwar die Überschrift in der FAZ, diese Zahl ergibt sich aber nur, wenn man Äpfel und Birnen in einen Topf wirft. 30 Prozent hätten ja auch ausgereicht.

Wer die einzelnen Fallzahlen nochmal genau betrachten möchte: Einfach einen Beitrag tiefer scrollen.

Übrigens: In der PM des DIW wird auch moniert, dass beim Mikrozenus keine Akademikerinnen über 40 berücksichtigt wurden. Das ist inzwischen nicht mehr so, wie es ebenfalls dem Wochenbericht entnommen werden kann.

Fazit: Pressemitteilung ist eben das eine, Originalbeitrag das andere.
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Mythos kinderlose Akademikerin !?

Demographische Themen sind in letzter Zeit schwer in Mode. Die Familienpolitik hat auch darauf reagiert, dass in Deutschland zu wenige Kinder geboren werden. Eine der Hauptursachen: Akademikerinnen bleiben zu über 40 Prozent kinderlos.

Und jetzt das: Nach einer Untersuchung des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung sind es gar nicht über 40 Prozent, sondern weniger als 30 Prozent (oder wie die Welt schreibt unter 25 Prozent, wobei uns noch unklar ist, wie sie auf diese Zahl kommen siehe Nachtrag). Im Duchschnitt sind etwas mehr als 20 Prozent der Frauen kinderlos.

Wie das auf einmal?

Das Problem: Die bisherige Datenerhebung hatte ihre Tücken, zum Teil aus rechtlichen Gründen.

In Deutschland werden jährlich "kleine Volkzählungen" durchgeführt, an etwa eintausend repräsentativ ausgesuchten Personen (der Mikrozensus).

Ein Zähler kommt ins Haus und befragt die Personen.

Das Problem: Frauen werden generell nur gefragt, ob zum Zeitpunkt der Befragung, Kinder im Haushalt leben.

Mehr darf nicht gefragt werden, weil dies die Privatspähre der Frau überschreitet (wie einer unserer Autoren bei einer früheren Recherche von einem Mitarbeiter des Statistischen Bundesamtes erfahren hatte). Man wolle so verhindern, dass die Frau in eine unangenehme Situation gerät, weil sie etwa noch Kinder von einem anderen Mann hat, die sie ihrem aktuellen Lebenspartner verschwiegen hat.

Außerdem mangelhaft: Akademikerinnen über 40 werden in die Befragung nicht miteinbezogen, (allerdings bekommen auch nur wenige Frauen über 40 noch ein Kind, so steht es im Wochenbericht des DIW).

Ein weiteres Problem hat aber weniger mit der Erhebungsmethode zu tun, als mit dem Herausgreifen einzelner Teilergebnisse der Statistik für die Argumentation in der Diskussion.

Die Diskussion fokussierte sich nämlich immer nur auf den Teil der Akademikerinnen, nämlich die mit Universitätsabschluss und bezog nicht den Teil der Frauen mit Fachhochschulabschluss mit ein. (Laut DIW liegt aber auch der Anteil der Unifrauen nicht über 40 Prozent, sondern bei knapp 35 Prozent (ohne Migrantinnen)).

Völlig verwirrt jetzt? Tschuldige lieber Leser, war etwas schnell hingeschrieben.

Also, kurz: Wer sagt: Mehr als 40 Prozent der Akademikerinnen sind kinderlos, hat was falsch verstanden oder hat etwas vor mit seiner Aussage.

Und im Folgenden die Zahlen aus dem DIW Wochenbericht im einzelnen für die, die es genau wissen wollen. Alle anderen verabschieden wir schon mal.

TSCHÜSS

Die Zahlen:
Betrachtet man nur die Frauen in Westdeutschland mit Uniabschluss oder Abschluss Technische Hochschule sind laut DIW 34,5 Prozent kinderlos. (Beim Berlin-Institut waren es sogar nur 33 Prozent)

Nimmt er da noch die Frauen mit Fachhochschulabschluss dazu sind für Westdeutschland 30,3 Prozent kinderlos.

Nimmt er da jetzt noch die Frauen dazu, die in der DDR ihren Abschluss gemacht haben, sind nur noch 23,3 Prozent kinderlos.

Und kommen da jetzt noch die Frauen mit Migrationshintergrund und Abschluss im Ausland dazu, sind in Deutschland nur noch 23 Prozent der Akademikerinnen kinderlos.

Zum Vergleich:

Frauen mit Hauptschulabschluss: 15,5 Prozent
Frauen mit Realschulabschluss: 13,4 Prozent

In Deutschland sind von den Jahrgängen 1960 bis 1965 über alle Gruppen betrachtet etwa 20 Prozent kinderlos.

Zum Vergleich die Jahrgänge (=Kohorte) 1950 bis 1955: von diesen sind 15,5 Prozent kinderlos.

Nachtrag:
Zum Unterschied der Zahlen zwischen der Pressemitteilung des DIW und dem WELT-Artikel.

Wir haben kurz beim DIW nachgefragt: Die Zahl von unter 25 Prozent erhält man, wenn man Frauen hinzuzählt, die ihren Hochschul- oder Fachhochschulabschluss in der DDR erworben haben (93 Prozent haben mindestens ein Kind).

Ohne diese Frauen liegt der Anteil der kinderlosen Akademikerinnen knapp unter 30 Prozent.

Da die Bedingungen in der DDR für Akademikerinnen mit Kindern wesentlich besser war als damals und heute in der BRD hat das DIW die Zahl der DDR-Akademikerinnen nicht mit in die Pressemitteilung mit einbezogen.

Nachtrag 2:
Dass die gutverdienenden Männer in der ganzen Geschichte auch noch eine entscheidende Rolle spielen, darauf hatte vor zwei Monaten das Berlin-Institut hingewiesen. Das war aber irgendwie untergegangen oder?

Anmerkung: Aufmerksam wurden wir auf die Geschichte durch den Presseüberblick bei wisskomm.de
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Staatl. Fachingen 1: It looks like Wissenschaft ...

Also jetzt mal Butter bei die Fisch`.
(Leute, das wird verdammt lang´, nehmt euch etwas Zeit.)

Alarmstufe Rot!  Einfach nur ein Mineralwasser zu sein, reicht ja schon seit ein paar Jahren nicht mehr, um den Durst der Konsumenten zu stillen. Hipp und well muss es sein, mit Zitronenspritzer oder nicht, nicht nur Durst löschen soll es, sondern fit machen (Sauerstoffwasser ist ja nur die Spitze des Eisbergs).

All das nennt man wohl die Diversifizierung eines Produktes.

Ein Wasser aber war ja schon immer etwas besseres, das verkündete schon der Name: Staatlich Fachingen, äh Fachinger, quatsch, Fachingen, Staatl. Fachingen.

Hautvergleich eines Probanden der Staatl. Fachinger-Haut-Studie (Website Fachinger.de).

Es war nie die selbsternannte "Queen of tablewater" (die inzwischen auch auf Vitamine setzt), sondern eher so was wie das "Kanzler unter den Mineralwässern".

Davon hat der Produzent lange gezehrt. Bis jetzt.

Einfach nur ein Wasser zu sein, reicht auch Fachinger nicht mehr. Staatl. Fachingen macht jetzt auf Wissenschaft, genauer: Staatlich Fachingen macht schöne Haut, wissenschaftlich bewiesen, in der ersten "neutralen wissenschaftlichen Studie". (Wie nennt man das, wenn jemand von einem weißen Schimmel spricht? Ein Pleonasmus, genau, danke, setzen. Obwohl ... ?!)

Also, dann: Die Staatl. Fachingen-Haut-Studie. (Zum Thema Neutralität und Sponsoring wissenschaftlicher Studien, bitte einen Beitrag tiefer lesen).

Wir haben Fachinger natürlich angeschrieben, und ausführlich Auskunft bekommen (danke an Frau Silvia Erbrich, die Marketing Managerin).

Sie hat uns das abstract (die Zusammenfassung) der Untersuchung geschick, die unter der Leitung von Frau Martina Kerscher durchgeführt wurde. Sie ist die Leiterin des Studienganges Kosmetik und Körperpflege an der Universität Hamburg.

Und Sie selbst sagt - nicht uns, sondern laut der Werbung - über ihre eigene Studie:
"Das Resultat der Studie ist bemerkenswert. Das untersuchte Mineralwasser hat eine nachweisbare, positive Wirkung auf die Haut."
Na dann.

Folgendes hat Frau Kerscher und ihre Mitarbeiter gemacht: 53 Personen haben vier Wochen lang jeden Tag 2,25 Liter (das sind drei Flaschen Wasser á 0,75 Liter) getrunken. (Drei Personen sind vorzeitig ausgestiegen, bleiben 50 Personen).

Dann hat sich Frau Kerscher und ihre Mitarbeiter die Haut der Probanden angesehen (mit entsprechenden Instrumenten und Verfahren).

Fazit:
"Die Ergebnisse sprechen für sich:
Ultraschallmessungen zeigen eine signifikante Veränderung der Haut.
"
Und das hat Folgen (positive natürlich), wie es weiter heißt, denn:
  • Die Haut sieht praller und frischer aus. Die Haut weist eine geringere Fältelung auf und wirkt dadurch glatter.
  • Der pH-Wert der Haut nähert sich dem optimalen Wert für die Hautoberfläche von 5,5 an. Das kann helfen, die Barrierefunktion der Haut zu stabilisieren.
Dazu der Faltenvergleich, den ihr oben beispielhaft im Bild seht.

Ein Blick in das abstract überrascht uns dann:

Das einzige, was statistisch signifikant war (also nicht zufällig) war die Hautdichte.

Ansonsten: "Skin surface pH and skin surface morphology did not change significantly."

Der pH-Wert der Haut hat sich nicht verändert, die Hautmorphologie (Rauhigkeit, Fältelung) auch nicht.

Auf unsere Nachfrage lautet die Antwort:
"Die Veränderungen bezüglich der Rauhigkeit waren nicht signifikant, wir sahen jedoch die Tendenz zu einer glatteren Haut. (Anmerkung von uns: selbe Begründung für pH-Wert). Bei kleineren Fallzahlen verhält es sich oftmals so, dass keine Signifikanzen errechnet werden können. Die Grafiken zeigen aber den Trend zu weniger Rauheit."
Ja, wie jetzt, erst wird eine wissenschaftliche Studie entworfen, dann hart statistisch getestet, um zu überprüfen, ob ein Effekt echt ist oder mit großer Wahrscheinlichkeit Zufall. Dann sagt der statistische Test: Nö, ist Zufall. Und dann wird einfach gesagt: Na egal, der Trend ist ja zu erkennen.

Hallo?! Da kann der Effekt, wenn es ihn denn gibt, nicht all zu groß sein, sagt einem da unser statistisches Fachwissen (Danke, Herr Wilm)

Aber nehmen wir mal an, Fachinger, nein, Frau Kerscher und ihre Mitarbeiter hätten mehr Personen genommen, und es wäre alles signifikant geworden. Vielleicht hätten die Personen auch einfach nur mehr (noch mehr) trinken müssen?

Wie auch immer. Wenn das alles so geklappt hätte und signifikant raus gekommen wäre. Was sagte uns das dann?

Sagte uns das: Staatl. Fachingen könnte toll für die Haut sein?

Klar.

Sagte uns das: Staatl. Fachingen könnte toller für die Haut sein als andere Wässer oder schnödes Leitungswasser?

Nein.

Denn dann hätte man Kontrollgruppen haben müssen, die Leitungswasser und andere Wässer trinken müssen (Apollinaris, Gerolsteiner, Bonaqua usw.). Also eine Vergleichsstudie.

Frau Erbrich: "Eine Vergleichsstudie ist geplant."

How, how, how! Wir sind gespannt. Und bis dahin, behaupten wir mal: Staatl. Fachingen ist nicht besser oder schlechter für die Haut als andere Wässer, dafür teurer.

Und: Schon mal darüber nachgedacht, was es heißt jeden Tag drei Flaschen oder mehr Wasser zu trinken?

Stellt Euch das mal vor. Nur für schöne Haut. Die zwar nicht weniger Falten hat, dafür aber praller und frischer aussieht, (wie misst man eigentlich frischer aussehen? Praller und frischer soll sie sein, weil die Hautdichte signifikant zugenommen hat).

However, wie es in wissenschaftlichen Paper immer so schön heißt ...

... und: "Further research is needed." (engl. für: Da muss noch mehr geforscht werden).

Liebe Fachinger, netter Versuch, aber ...

Wir machen erst mal Mittag.

Prost, Mahlzeit

(Martin, machst Du mal die zwei Biere auf!!)

Nachtrag 1:
Ach so, vor lauter Erklärerei haben wir jetzt ganz vergessen: Auch wenn die Hautdichte signifikant zunimmt: Alles andere hat sich nach vier Wochen staatlicher Trinkkur nicht verändert (Trends gibt es nicht in der Statistik). Die Werbung verspricht mal wieder mehr als sie halten kann. Das nötigt uns gerade zu, auch wenn es uns wirklich immer wieder weh tut (nicht wirklich).

Stimmt mit uns ein für Staatl. Fachingen, das Wasser, das glaubte: "Warum eincremen, wenn man es trinken kann!" in ein welt- und markerschütterndes, bis in die Marketinghallen in Fachingen an der Lahn (eigentlich der MSH AND MORE Werbeagentur GmbH in Köln) schallendes:

Alarmstufe Rot!  !PLAZEBOALARM!

Nachtrag 2:
Liebe Fachinger,
macht doch einfach nochmal eine Studie mit mehr Probanden, damit auch die nötige "Power" erreicht wird (Die Statistiker unter unseren Lesern wissen, was gemeint ist.) - vielleicht bei der Vergleichsstudie ...
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Wes Brot ich ess ...

Und noch ein Beitrag, der belegt, dass das Ergebnis einer wissenschftlichen Studie durchaus davon abhängt, wer "den Deckel bezahlt". (Hier geht´s zur Zusammenfassung des Original-Beitrags.)

Wir hatten da kürzlich erst wieder darauf verwiesen.

Und die Jungs vom unabhängigen arznei-telegramm machen auch gerade wieder darauf aufmerksam.

"Da öffentliches Geld knapp ist, werden immer mehr Studien von Arzneimittelfirmen finanziert", bringen sie die Misere auf den Punkt.

Wir dokumentieren, was das arznei-telegramm im Artikel: Editorials, Studien, Leitlinien ... Wie firmenlastig dürfen sie sein? in der aktuellen Ausgabe fordert (Vorsicht, ist etwas sperrig):
"Effektive Maßnahmen müssen entwickelt werden, wie die Interessen des Gemeinwohls an der optimalen und bezahlbaren Therapie und Vorbeugung von Krankheiten vor den finanziell motivierten Strategien von Privatpersonen udn Firmen geschützt werden können. Absolute Transparenz und Deklaration aller Interessenkonflikte tragen hierzu bei. Auch gilt es, sonstige Einflussfaktoren und Erkenntnislücken - beispielsweise bei der Bearbeitung von Leitlinien - systematisch zu erfassen.

Hersteller-unabhängige Forschung muss verstärkt gefördert werden. Der Schwerpunkt sollte dabei auf Forschungszielen liegen, die Firmen vernachlässigen. Hierzu gehören sytematische Vergleiche von neueren Arzmeimitteln mit bewährten und preiswerteren älteren, von verschiedenen Behandlungsstrategien untereinander sowie die Erforschung von Interventionen, die nicht patentierbar sind."
Okay, da geben wir Euch jetzt natürlich ein bisschen Zeit, das muss erst mal sacken; nochmal durchlesen und überlegen, was die kritischen Ärzt und Apotheker eigentlich genau meinen.

Und dann bitte als Hausaufgabe: Eine kurze allgemeinverständliche Zusammenfassung, die uns in der Umkehrung dieser beiden Forderungen erklärt, was also offensichtlich zurzeit nicht so gut läuft.
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Herzlichen Glückwunsch, Senta Berger


Sehr verehrte Frau Berger,

natürlich wünschen auch wir, die Autoren von Plazaboalarm, Ihnen alles Gute zum heutigen 65. Geburtstag.

Wie sehr wir Sie und Ihre Arbeit bewundern, hatten wir Ihnen an dieser Stelle bereits mitgeteilt.

senta1

Leider gibt es ja auch einen Aspekt, den wir – wie soll man sagen – bedenkenswert finden. Wir wollen das hier nicht weiter ausführen, aber wir meinen dieses Osteoporose-Kalzium-Vitamin-D-Ding. Sie wissen schon.

Deshalb hier nochmal der Hinweis auf unseren damaligen Fanbrief, in dem wir unser Anliegen genauer erläutern.

Feiern Sie schön. Wir wünschen Ihnen noch viele gute und erfolgreiche Jahre.

Unsere Verehrung.

Ihre Fans von Plazeboalarm.

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BewusstSeinsBildung

Heute sind wir ein wenig besserwisserisch/aufklärerisch gestimmt und wollten Euch daran teilhaben lassen.

Zwei Meldungen sind uns heute bei der Deutschen Presse-Agentur (dpa) ins Auge gefallen:

Zecken-Risiko enorm gestiegen

und

Ersatzkasse: Depression wird zur Volkskrankheit - 40 Prozent Zunahme

In der einen Meldung berichtet dpa (erneut) davon:
Die Zahl der FSME-Fälle (Frühsommer-Meningoenzephalitis) hat sich nach Angaben des Robert Koch-Instituts im vergangenen Jahr um 57 Prozent auf 432 (Vorjahr: 274) stark erhöht.
Die zweite Meldung basiert auf einer Untersuchung der Gmünderner Ersatzkasse (GEK), die feststellt:
Die Zahl der Krankenhauspatienten mit Depressionen hat nach Daten der Gmünder Ersatzkasse (GEK) in den vergangenen vier Jahren um 40 Prozent zugenommen. Insgesamt sei 2004 bei fast zehn Prozent der GEK-versicherten Frauen und knapp vier Prozent der versicherten Männer die Diagnose Depression gestellt worden.
Die Zunahme der Zeckeninfektionen wird nicht erklärt. Die Zunahme der Krankenhauspatienten mit Depressionen hat laut dpa und GEK folgende Gründe:
Als Ursachen für den Anstieg sieht die Kasse unter anderem steigende wirtschaftliche Belastungen und zunehmenden Stress bei den Patienten, aber auch einen ungesunden Lebensstil mit Rauchen, falscher Ernährung und Bewegungsmangel.
Mhm. Bei solchen Meldungen fehlt uns immer folgender Hinweis:

"Bitte beachten: Aufgrund verstärkter Berichterstattung in den letzten Jahren über dieses Thema - zum Teil von Interessengruppen initiiert - ist das Bewusstsein, für dieses Phänomen gestiegen." (klingt zu verschwörungstheoretisch).

Nochmal: "Bitte beachten: Dass die beschriebene Häufigkeit eines Phänomens zunimmt, muss nicht bedeuten, dass sie auch in der Realität zugenommen hat." (Jetzt kann man die Überschrift aber auch sowas von knicken, gelungen war sie eh nicht, eher bemüht.)

Die Frage ist: Sind steigende Zahlen ein Beleg dafür, dass ein Phänomen tatsächlich zugenommen hat, oder dass es einfach nur häufiger diagnostiziert wird, weil es eher im Bewusstsein der Patienten und Ärzte ist (oder weil es bessere Diagnosemöglichkeiten gibt, oder ...).

Also: Die Zahl der FSME-Erkrankungen war vielleicht immer gleich hoch, sie wird heute nur öfter erkannt. Außerdem: 432 Fälle, sind das tatsächlich so viele Menschen, dass man sich darüber Gedanken machen muss (das jetzt aber bitte nicht falsch verstehen). Wie viele Menschen werden von Zecken gebissen?

Oder: Das könnte auch eine Rolle spielen: Die Zahl der Krankenhauspatienten mit Depressionen ist zwar gestiegen, aber nicht, weil mehr Menschen Depressionen haben, sondern weil entweder Menschen in früheren Zeiten wegen der Symptome seltener zum Arzt gingen, oder weil Ärzte heute bei Menschen eher schon mal eine Depression diagnostizieren als früher.

Und: Was die Darstellung von Häufigkeiten angeht: Es heißt nicht, die Zahl der Menschen mit Depressionen ist insgesamt um 40 Prozent gestiegen. Sondern lediglich die Häufigkeit der Menschen, die mit einer solchen Diagnose ins Krankenhaus eingewiesen wurden.

Die absoluten Zahlen der Krankenhauseinweisungen mit Depressionen kennen wir auch nicht. Wenn vor vier Jahren acht Menschen mit Depression eingewiesen wurden und in diesem Jahr zwölf, dann ist das auch ein Anstieg um 40 Prozent, aber eigentlich nicht der Rede wert.

Aber wer Plazeboalarm liest, kennt das ja schon.

Wir wissen nicht, ob in den Originalbeiträgen auf diese Aspekte verwiesen wird. Müssten wir mal nachfragen. Gebt uns etwas Zeit.

Und glaubt jetzt nicht, wir seien schon völlig paranoid und vermuteten überall Manipulation und bewusste Falschdarstellung. Wir greifen diese Beispiele nur raus, um - unserem öffentlich-rechtlichen Auftrag folgend - das Bewusstsein für solche Überlegungen zu schärfen.

In diesem Sinne: Weiter machen.

Nachtrag:
Zumindest was die Höhe der Zeckeninfektionen angeht, sind sich die Wissenschaftler des Problems bewusst, dass der Anstieg der Häufigkeiten nicht nur die reine Realität widerspiegelt.

In einer älteren Meldung wurde darauf verwiesen:
... "Für diesen rasanten Anstieg gibt es keine einfache Erklärung", sagte Prof. Jochen Süss vom Friedrich-Loeffler-Institut für Tiergesundheit. ...

... Aber auch genauere Meldeverfahren, bessere Diagnostik ... hätten zu der Entwicklung beigetragen. "
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aktualisiert: 12. Dez, 12:22
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Mit Gruß tom-ate
tom-ate - 21. Apr, 21:45

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