Kahns Gesetz der Serie

Dass Fußballreporter und -moderatoren eine Schwäche für das vermeintliche Gesetz der Serie haben und auf diese Weise eine Menge in diesem Sport zu erklären suchen, darauf haben wir schon verwiesen (und dass Statistik usw. im Fußball wirklich wichtig ist).

Dass das auch für die Akteure selbst gilt, davon sind wir stillschweigend ausgegangen. Und finden jetzt die Bestätigung.

Torwart Titan Kahn erklärt, wie er darauf kommt, dass wir, also die die deutsche Nationalmannschaft, mit ihm Weltmeister geworden wären (nicht weil Lehmann schlecht war):
"Ich bin 1994 mit dem Karlsruher SC im Halbfinale des Uefa-Cups gescheitert, zwei Jahre später habe ich mit dem FC Bayern diesen Pokal geholt.

Ich habe 1999 die Champions League auf brutalste Weise verloren, und dann habe ich sie zwei Jahre später gewonnen, wie man sie nicht schöner gewinnen kann.

Ich habe 2002 die WM im Finale unglücklich gespielt. Diese Logik - und an solche Phänomene glaube ich immer noch - hätte sich bei der WM 2006 fortgesetzt."
Hat er gesagt, im stern, laut Netzeitung.

Schön wie einem Statistik hilft, das Leben, die Welt und den ganzen Rest zu erklären ...

Ob er weiß, dass das da auch noch zehn andere vor ihm auf dem Platz stehen?

Frohes Fest.
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Mut für die Füße

Es war mir immer schon suspekt, ob ich für die Wundertreter von Adidas, Puma, Nike & Co. über hundert Euro hinblättern sollte. Bringen's die super Federung, Gelenkschonung, Belüfung, etc. wirklich. Brauche ich die Mikrochips in der Sohle (Adidas, Nike)? "Nein, braucht ihr nicht", sagt mir und uns allen Stephon Marbury. Der Typ ist einer der Top-Basketballer in den USA und propagiert nun einen Durchschnitts-15-Dollar-Turnschuh, Marke "Starbury One". Dem Mann wollen wir die Daumen drücken, dass er damit gegen die Giganten der Sportbranche durchkommt. Der Spiegelartikel darüber von Frank Hornig ist leider im kostenpflichtigen Spiegelarchiv. Weite Teile davon sind aber hier nachzulesen.
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Angebohrte Erdbeben

Ihr merkt schon, hier ist es gerade verdammt ruhig. Das ist die Kehrseite des unbezahlten Blogschreibens. Erst muss die Familie ernährt werden, Weihnachten naht, die Lieben wollen beschenkt werden ...

Apropos Kehrseite. Handelt es sich nur um die beiden Seiten einer Medaille oder um kritischen Wissenschaftsjournalismus versus klassische Vernebelungstaktik der PR-Abteilung?

Bohrungen im Boden, zum Beispiel nach Erdwärme, können Erdbeben auslösen. Das ist so. Das sagt Axel Bojanowski in seinem Artikel heute in der SZ, das sagte gestern auch die Pressestelle der Geothermischen Vereinigung in einer Pressemitteilung. Anlass: Während der Bohrungen nach Erdwärme in Basel gab es ein kleines, aber spürbares Beben der Stärke 3,4.

Beim Kollegen Bojanowski, der bekannt für seine Geothemen ist, läuft die Geschichte in eine dramatisierende Richtung. In der Regel können durch Bohrungen kleinere Beben bis Stärke 3.5 ausgelöst werden, möglicherweise aber auch darüber.

Die PR-Abteilung dreht die Geschichte um: Die Bohrungen lösen leichte Erdbeben aus, und verhindern so, dass sich Spannungen weiter aufbauen und sich als größeres Beben entladen.

Interessant: Laut Bojanowski hat das Beben die ausführende Firma überrascht und er schreibt weiter:
"Doch Geoforschern ist lange bekannt, dass bei der Gewinnung von Erdwärme der Boden erzittern kann. Experten diskutieren sogar, ob dabei auch starke Erdbeben entstehen können."
In der Pressemitteilung hört sich das so an:

Einerseits ...
"Die dabei durch den Wasserdruck in den Untergrund eingeleitete Energie, ist viel zu gering, um ein Ereignis dieser Stärke zu bewirken."
... aber ein paar Zeilen weiter ...
"Noch sind die genauen Ursachen nicht bekannt. Als die wahrscheinlichste Lösung scheint, dass durch die Arbeiten tektonischer Druck entspannt wurde, der sich nach und nach im Untergrund aufgebaut hatte."
Klingt nach: Hat das Beben ganz sicher nicht ausgelöst, aber hat es wohl doch ausgelöst, oder?

Klar ist: Das letzte, was die aufstrebende Geothermie-Branche brauchen kann, sind negative Schlagzeilen a la Bohrungen lösen Beben aus.

Damit lassen wir Euch jetzt wieder alleine ...
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Göttliche Korrelationen

Und wieder fällt uns ein Artikel von Stefan Schmitt bei Spiegel Online auf - positiv wohlgemerkt. Das liegt schlicht daran, dass er nicht einfach Ergebnisse wiedergibt, sondern sich immer wieder mit den Tücken der Statistik auseinandersetzt. Wie zum Beispiel im aktuellen Fall, wonach ältere, regelmäßige Kirchgänger statistisch gesehen besser Luft bekommen als Kirchenabstinzeler (und also gesünder sind).

Dass das aber gar nicht am lieben Gott liegt, sondern dass "zum-Gottesdienst-gehen" eher ein Zeichen für eine insgesamt gesündere Lebensweise ist, macht Schmitt im Artikel klar - und nutzt die Gelegenheit anlässlich des eher wenig aufregenden Ergebnisses des eigentlichen Forschungspapers zu einem Rundumschlag gegen eine ganze Reihe ähnlicher Untersuchungen, die Religiosität positive Gesundheitseffekte unterstellen wollen.

Wer also seine Sinne schärfen will bezüglich echter und rein statistischer Zusammenhänge, dem sei dieser Artikel angeraten.

Weiter machen.
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Glatt verplappert

Jetzt verstehen wir erst die Anmerkung vom taz-Kollegen zum Zitat von Beauty-Redakteurin Martina Kraus aus der Oil-of-Olaz-regenerist-Amino-Peptid-Werbung in ihrem Surfblog.

Wir haben den TV-Spot gestern nochmal gesehen. Sie sagt:
" ... Mit regenerist sieht meine Haut spürbar straffer aus. ..."
Auf folgenden Eintrag ihres Lesers coolmove in Ihrem Guestbook:
"Jetzt weiss ich auch woher Du so eine schöne Haut hast. Ich sag nur Oil of Olaz! Habs gestern gesehen. Respekt!!!!!!!!!"
... antwortet windfee alias Martina Kraus:
"Ich lach mich echt tot!!!! Ich hätte ja NIE gedacht, daß soooo viele Leute Werbung schauen!!!!! Und das mit der Haut ist eh alles nur Retusche!!!!!" (Fettung durch uns)
Wie, NICHT die Wirkung von regenerist!!!! Das kann man schon missverstehen.

... tschuldigung, da konnten wir nicht widerstehen ...

Übrigens: Wer mehr über Kollegin Kraus erfahren will, also mehr als über ihr Hobby Windsurfen, findet ihre Vita auf der Seite ihrer Firmenseite beautyshoots.com.

Jetzt ist aber auch gut mit Frau Kraus. Wir sind ja schließlich ein (Pseudo-)Wissenschafts(journalismus)-Watchblog und kein Marketing-Watchblog.
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Der ewige Mythos vom Eisbärenfell

Wenn es um Eisbären geht, wird garantiert die Geschichte mit dem Bärenfell erzählt, die zeigt, was für ein genialer Ingenieur die Natur ist.

Auf schwarzer Haut sitzt weißes oder (eigentlich farbloses) Fell, dessen einzelne Haare wie eine Glasfaser das Sonnenlicht bis auf die schwarze Haut leiten, wo das Licht in Wärme umgewandelt wird. Ein Leben im Eis wird möglich. Genial, was die Evolution zustande bringt.

Gerade gestern (Sonntag) gab es dazu einen Beitrag in der ARD, bei W wie Wissen mit Ranga Yogeshwar. Ein W wie Wissen-Autor erzählt die Story der Bärenhaare mit Glasfasereigenschaften, plus "Hohlräume in den Haaren", die ein wärmedes Luftpolster bilden.

Was wäre die Geschichte, wenn es nicht auch einen genialen Designer (nicht der Große) gäbe, der sich die Prinzipien der Natur abguckt und zum Nutzen der Menschheit verfügbar macht (beliebtes Buchthema Bionik).

Im Bärenfell-Fall ist dies Thomas Stegmaier vom iTV Denkendorf. Er hat gemeinsam mit Kollege Heinrich Planck zumindest die Hohlfasern nachbauen können. Nur das mit dem Lichtleiten ist noch ein Problem, wie Planck im TV-Beitrag erklärt.
"Wir können zwar die Isolierung nachbauen, aber wir haben noch keine Faser entwickeln können, die wie das Eisbärenhaar das Licht zielgerichtet auf die Haut leiten kann, das ist schwierig."
Warum das nicht klappt, könnte eine einfache Erklärung haben: Das mit dem Lichtleiten des Eisbärenfellhaares ist totaler Quatsch, der nur schon seit Jahren immer wieder erzählt wird.

Wie wir drauf kommen? Im Magazin New Scientist vom 11. November schreibt Duncan Graham-Rowe auf S. 31 in einem kleinen Kasten mit dem Titel "Polar Bears inspire hot idea" im Hauptbeitrag "Take a leaf out of nature´s book to tap solar power" ziemlich uneingeschränkt:
"In the 1980s, resaerchers suggested that the white hairs of polar bears acted as optical fibres to guide sunlight down to the bears´black skin, where it would be absorbed as heat. This has since been shown to be false, but the idea inspired Thomas Stegmaier ..."
Wer sich schnell einmal umschauen will zum Thema Eisbärenfell-Mythos, dem empfehlen wir folgende Seiten (alle auf Englisch):

Eine kurze Zusammenfassung hier.

Der Wissenschaftler, der sich vor allem mit der Aufklärung des Mythos befasst hat, ist offensichtlich Daniel Koon. Seine Seite zum Thema findet sich hier.

Er schreibt:
"Polar bear hair does NOT behave fiber optically, either in the ultraviolet as originally claimed, or in the visible. ..."
Thomas Stegmaier meint übrigens auf Anfrage:
"Die Aussagen der Literatur und der Wissenschaftler, die die Lichtleitung gemessen haben, gehen tatsächlich auseinander. Wir selber haben dies nicht gemessen.

Letztendlich kann ich Ihnen auch keine Klarheit geben, was nun richtig ist und was nicht. Es ist sehr mühsam, sich durch zwei Jahrzehnte Literatur und Internetaussagen zu arbeiten, um eine klare Aussage zu erhalten. Wir planen in den nächsten Tagen hierzu noch einen kleinen Test.
"
Wir sind gespannt. Und warten auf den Nächsten, der den Mythos weiter verbreitet (Wäre uns bis vor kurzem auch passiert).

Nicht schlecht für den Anfang der Woche, oder?

Zusatz:
Während die deutsche Wikipedia in ihrem Eisbär-Artikel (verlinken klappt nicht) selbstsicher behauptet: "... Die einzelnen Haare des Eisbärenfells (...) leiten das Sonnenlicht und dessen Energie ungehindert auf die schwarz gefärbte Haut. ...", (wurde aufgrund unserer Recherche gestrichen) ist die englische Wikipedia vom Gegenteil überzeugt: " ... The hair does not have fiber-optic properties, nor does it transmit light or heat to the skin (an urban legend). ...".

Wie das wohl in anderen Sprachversionen aussieht?
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Surfende Pentapeptide

... es brennt weiterhin, tut uns leid, wir hätten so viel zu erzählen und nachzufragen, aber im Moment sind wir am Anschlag. Bleibt uns einfach treu.

Nur schnell. So wie der taz-Blog von Detlef Guertler unsere Amino-Peptid-Geschichte aufnimmt und vor allem auf uns verweist, so finden wir das schon schöner. Danke, Kollege.

Yahoo hat auf unsere Anfrage, wieso wir nicht als Quelle genannt wurden, auf die Agentur Globalpress verwiesen, über die sie den Text bezogen haben. (Sie bezögen alle Meldungen von Agenturen, sagt die Pressefrau.)

Die zuständige Redakteurin bei Globalpress meinte, es täte ihr leid, da hätten wir Recht mit unserer Verstimmtheit und beim nächsten Mal ...

Schon gut, wir kennen das Geschäft.

Das soll´s dann aber auch gewesen sein zu dem Thema.

Ein anderer Nebenschauplatz ist die Beauty-Redakteurin der Amino-Peptid-Reklame Martina Kraus. Es gibt sie wirklich, sagten wir schon. Im Netzt führt sie ein Leben vor allem als Segelsurferin, wie der taz-Kollege herausfand. Ihre Hauptseite scheint dies hier zu sein.

Es kitzelt uns ja ein wenig unter den Fingern, ihr ein paar Fragen zu stellen. Aber das bringt uns ja immer weiter vom Haupthema weg: Die Amino-Peptide.

Wir haben Pressematerial bekommen, und dem widmen wir uns, aber nicht allzu sehr, weil: Wir müssen Geld verdienen.

Nur so viel: Die Amino-Peptid-Kette besteht aus fünf Aminosäuren, d.h es ist ein Pentapeptid. Das klingt natürlich etwas sperriger als Amino-Peptide.

P&G erklärt das in der PM mit den A-Ps wie folgt:
"Am National Institute of Health wurde (...) vor kurzem ein Peptid entdeckt, das die natürliche
Hautregeneration bei der Wundheilung stimuliert. Dieses Peptid besteht aus fünf Aminosäuren und
besitzt die biologische Abkürzung KTTKS (Der Buchstabencode steht für die fünf Aminosäuren
Lysin-Threonin-Threonin-Lysin-Serin).

KTTKS wird als einer der zellulären Schlüssel der menschlichen Hautregeneration bezeichnet. Die Wissenschaftler von Oil of Olaz setzten diese Erkenntnis in einem Hautpflegeprodukt um, das die Hautstruktur von innen heraus erneuert, um somit eine neue Dimension bei der Anti-Ageing-Pflege zu erreichen.
"
Gibt´s ne Menge Fragen zu: Warum steht das K in KTTKS für Lysin? Vielleicht, weil die englische Bezeichnung sich von der deutschen unterscheidet?

Wichtiger ist die Frage: Wie hängen Wundheilung und Faltenbildung zusammen?

Wie entstehen eigentlich Falten?

Wer Sachdienliches weiß, bitte posten.

Sagten wir am Anfang: "Nur kurz."?

Geld verdienen, Geld verdienen, Geld verdienen, die Kinder schreien ...

Zusatz:
Dass das "National Institute of Health" einmal für Anti-Aging-Werbung herhalten muss, hätten die sich wohl auch nicht träumen lassen.

Ranschaffen! Ist ja gut.

Zusatz 2:
Das Netz hat schon seinen ganz eigenen Humor ...

Die NIH-Webseite kennt offenbar kein KTTKS. Wir gaben das Akronym in die Suchmaske ein und erhielten als Antwort die Gegenfrage: Did you mean ATTACKS?

(Als wir es wiederholten, gab es nur den lapidaren Hinweis: Your search - KTTKS - did not match any documents. No pages were found containing "KTTKS".)

Das scheint aufwändiger zu werden.

Zusatz 3:
Schon haben wir eine erste Antwort. Was hat das mit der KTTKS-Abkürzung auf sich? Die Buchstaben sind nicht die Initialen der Aminosäuren, sondern folgen einem speziellen Code, bei dem jeder Aminosäure ein Buchstabe zugeordnet ist.

Siehe auch hier bei Wikipedia unter protenoigene Aminosäuren.

Dank an Peter B.
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